375. Dorf Zachlin.

[284] Dicht am Plauer See, an dem von dort nach Ganzlin führenden Wege, hat vor dem dreißigjährigen Kriege ein blühendes Dorf gestanden, Zachlin mit Namen. Tief versteckt in Tannen und Erlengebüsch, blieb es lange unentdeckt und von den Gräueln des Krieges verschont. Die Einwohner thaten aber auch Alles, um verborgen und unentdeckt zu bleiben; so war beschlossen worden, daß Alle ihre sämmtlichen Hausthiere tödten sollten, damit der Feind nicht etwa durch ihr Schreien oder Lärmen aufmerksam gemacht und also herangelockt werden könne. Ein Bauer, der einen ganz wunderhübschen Hahn hatte, handelte aber gegen den Gemeindebeschluß; denn er ließ seinen lieben Hahn am Leben und versteckte ihn auf dem Heuboden, wo er ihn reichlich mit Futter versorgte. Einige Zeit ging Alles ganz gut. Als jedoch der Bauer eines Tages das Futtern vergessen hatte, begann der hungrige Hahn plötzlich ein lautes Gekrähe, daß es weithin schallte. Unglücklicherweise hörten dies Hahnengeschrei gerade in der Nähe lagernde feindliche Truppen. Sie gingen dem Schalle nach und fanden bald das unglückliche Dorf, welches sie nun, nachdem es geplündert und die Einwohner getödtet waren, bis auf den Grund niederbrannten.


Niederh. 4, 263.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 284.
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