38. Riesenkönigsgrab bei Melkhof.

[29] Zwischen Wittenburg und Hagenow liegt das Dorf Helm, das ehemals eine große Stadt gewesen sein soll, zu der Zeit, als es noch Riesen gab. Der Riesenkönig hatte von ihrem großen Reichthum gehört und zog mit einem Heere gegen sie heran. Die Helmer wehrten sich tapfer, aber sie mußten doch schließlich sich in ihre Mauern zurückziehen. Der Riesenkönig war im Kampfe gefallen und ward in einen goldenen Sarg gebettet, den man wieder mit einem kupfernen und endlich mit einem eisernen umschloß. Nicht weit von Melkhof liegt er unter dem Hügel, der unter dem Namen ›Trünnelberg‹ bekannt ist. Mancher hat schon den Schatz zu heben versucht, aber der Teufel selbst hält Schildwache dabei. Nur einmal ist es einem Haufen Bauern aus der Umgegend gelungen, den Schatz zu erblicken. Und das ging so zu. Ein reisender Schatzgräber war nach Melkhof gekommen und hatte Diesen und Jenen beredet, mit ihm in Gemeinschaft den Schatz zu heben und zu theilen. In einer Johannisnacht ging die Arbeit vor sich. Eine Wünschelruthe war mitgenommen und wurde von dem Banner um und über den Berg getragen. Ziemlich auf dem Scheitel des Hügels neigte sich die Ruthe und dort lag der Schatz. Vor Beginn der Arbeit ließ der Banner sich von jedem Einzelnen heilig versprechen, während derselben kein Wort, auch nicht das allerkleinste sprechen zu wollen; denn das kleinste Wort bricht auch den mächtigsten Zauber. Dann sprach der Schatzgräber seine Zauberformel und die Arbeit begann. Schon nach einer Stunde klapperten die Schaufeln auf dem eisernen Sarge. Derselbe wurde eiligst von der ihn umschließenden Erde völlig befreit und mit armdicken Tauen umspannt. Bis jetzt war Alles in säuberlicher Ordnung vor sich gegangen. Keiner hatte ein Wörtchen gesprochen und kein[29] Hund mit tellergroßen Augen oder sonst etwas hatte sie gestört. Die Bauern erfaßten die Taue und Hebel. Jetzt ein kräftiger Ruck und Zuck und der Schatz hätte sich gehoben – da erschien der leibhaftige Teufel. ›Dat is min un blift, wo 't liggt!‹ sagt er kurz und herrisch. ›Dreck is din!‹ gibt ihm ein naseweiser Bursche zur Antwort. Das war aber, was Beelzebub gewollt hatte, eine Antwort nämlich. Sarg und Teufel verschwanden hienach sogleich, die Grube stürzte krachend zusammen. Das ist das letztemal gewesen, daß Schatzgräber versucht haben, den dreifachen Sarg des Riesenkönigs zu heben.


L. Kreutzer in Parchim bei Niederh. 4, 70 ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 29-30.
Lizenz:
Kategorien: