383. Mühlen-Eichsen.

[288] Von Mühlen-Eichsen wird erzählt, daß es früher eine große Stadt gewesen sei und werden dafür besonders die beiden großen alterthümlichen Kirchen in Groß-und Mühlen-Eichsen angeführt. Auch geht vielfach im Volke das Gerede, daß diese untergegangene Stadt dereinst wieder ans Tageslicht treten werde. Vor einigen Jahren kommt[288] einmal Abends ein unbekannter Mann in ein in der Nähe von Eichsen gelegenes Dorf, wo er vor einem Kathen einen Knaben von zehn bis zwölf Jahren antrifft. Diesen ersucht er, eine kleine Strecke mitzukommen und ihm den Weg zu zeigen. Der Knabe thuts. Unterwegs eröffnet ihm nun der Mann, daß er drei Abende diesen Weg zu machen habe und an jedem eines Führers bedürfe. Darum solle er an den beiden kommenden Abenden um dieselbe Zeit nur wieder vor dem Hause sich aufhalten und ihm abermals den Weg zeigen. Wenn er dies thue, dann solle für sein künftiges Wohl gesorgt sein. Er solle aber bei Leibe nicht vor Ablauf dieser drei Abende irgend etwas hievon zu Hause sagen. Der Knabe verspricht Alles und den ersten Abend ist er auch Wegführer gewesen; da sind die Spitzen der Thürme und der größeren Gebäude des untergegangenen Eichsen schon wieder aus dem See hervorgewachsen. Da aber hat der Knabe seinen Eltern davon gesagt, und diese erlaubten ihm nicht mehr, an den folgenden Abenden hinzugehen. Wenn er es an diesen wieder so wie am ersten gemacht hätte, so würde das alte Eichsen wieder dagestanden haben.


Seminarist C.P.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 288-289.
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