398. Die Kemlade bei Barkow.

[299] Bei dem Dorfe Barkow liegt in unmittelbarer Nähe des Hofes ein kleiner See, die Kemlade genannt. Bei niedrigem Wasserstande werden an der einen Seite desselben eine Menge Pfähle sichtbar. Hier in Barkow lebte vor vielen Jahren ein Herr Kramon, dem das Dorf gehörte. Er machte viele Schenkungen an Kirchen und Klöster, baute auch in Barkow, das bis dahin keine Kirche hatte, eine Kapelle, die in den Vierziger Jahren restaurirt worden ist, war aber in Wirklichkeit ein böser Mann, der seine Leute darben und hungern ließ. Als sie einst auf seinem Hofe um Brot schrien, ließ er sie in eine Scheune sperren und steckte diese an. Bei dem Aechzen und Stöhnen der Armen rief er höhnend ›Hört, wie meine Kornratten schreien!‹ Die armen Leute verbrannten elend; Kramon's Hof aber wurde von einer Unzahl Ratten heimgesucht, denen zu entfliehen[299] er sich ein Haus in der Kemlade baute; allein auch dorthin schwammen die Ratten ihm nach, so daß er seinen Grund und Boden verlassen mußte. Die Pfähle sind Reste der von ihm im See erbauten Wohnstätte.


C. Lange.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 299-300.
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