437. Zimmermann verräth Schloß Wesenberg.

[325] Dicht vor Wesenberg liegt auf einer kleinen Anhöhe am See die Ruine des alten Schlosses, von dem noch der sogenannte Fangelthurm, halb verfallen, und einige Mauerreste stehen. Das ist im dreißigjährigen Kriege zerstört worden, aber es hat sich lange gewehrt, und Tilly, welcher davor lag, würde es nicht bekommen haben, wenn nicht ein Verräther gewesen wäre. Tilly hatte nämlich die Stadt bereits eingenommen und fast niedergebrannt, so daß noch lange nachher ein Theil derselben wüst gelegen und in einem Hause am Thor, wie die Alten immer erzählt haben, die Bäume aus den Fenstern wuchsen; da rückte er auch vors Schloß und schoß lange vergeblich auf die festen Mauern, bis endlich ein Bürger aus Wesenberg, Zimmermann hat er geheißen, ihm die Schliche und Wege zeigte, wie er hineinkommen könnte. Da hat er es überrumpelt und zerstört und ist dann davongegangen. Die Bürger haben's aber dem Zimmermann gedacht, und als der Feind fort war und er sich nun auch auf und davon machen wollte, da sind sie ihm nachgeeilt und haben ihn auf einem Berge bei der Stadt, der noch der Zimmermannsberg heißt, eingeholt, wo sie ihn bei lebendigem Leibe zu Tode gesteinigt haben und er den Lohn für seinen schändlichen Verrath er halten hat.


Kuhn, NS. S. 7 f. Dieselbe Sage bei Niederhöffer 3, 222 ff. Danach ist keine Zeit des Verraths angegeben, in der Anm. S. 223 allerdings auch auf Tilly verwiesen, aber zugleich angeführt, daß nach Anderen die Einnahme schon viel früher stattgefunden.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 325.
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