445. Halbpart.

[329] Als Wallenstein auf dem Schlosse in Güstrow residirte, stellte sich ein Pferdejunge daselbst ein, um dem Herzog einen Fuchs und einen Hecht zum Geschenke zu bringen. Er hatte die beiden Thiere in einem Sumpfe mit einander ringen gesehen und beide gefangen. Vom Schlamm beschmutzt, wie er war, fand er bei der Thorwache Schwierigkeit und erlangte den Eintritt erst, als er die Hälfte des erhaltenen Dankes ihr versprach. Ebenso mußte er dem an der Thür des Saales stehenden Diener die andere Hälfte versprechen. Endlich zu Wallenstein durchgedrungen, überreicht er ihm das Geschenk mit den Worten ›Hir bring ik Sei, wat Sei in ęren ganzen Lęben noch nie nich sein hebben.‹ Der Herzog heißt ihn, sich eine Gnade ausbitten. Da verlangt der Pferdejunge fünfzig Stockschläge. Nach dem Grunde der seltsamen Bitte befragt, erzählt er seinen Pact mit den beiden Wachen, die dann auch richtig jeder ihre Fünfundzwanzig ausbezahlt bekamen. Den Pferdehirten aber, an dem der Herzog Gefallen fand, hieß er abwaschen; ein hübsches Kammerfräulein brachte Schüssel und Handtuch herbei. Als er sich gereinigt, durfte er noch um etwas bitten. Da bat er um den Nagel, an dem das Handtuch hange; dieses hatte nämlich das hübsche Mädchen über ihre Schultern gehängt. Lächelnd gewährte Wallenstein auch diese Bitte und behielt den klugen Burschen unter seinen Soldaten, wo er bald durch Klugheit und Tapferkeit sich auszeichnete.


Organist C.E.F. Hahn in poetischer Bearbeitung bei Niederh. 3, 196 ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 329-330.
Lizenz:
Kategorien: