456. Die Teldau.

[336] Die ganze Gegend um die Mündung der Sude längs der Elbe ist niedrig und eben, aber außerordentlich fruchtbar. Die Arbeit der Bewohner war aber immer vergebens, denn wenn die Elbe durch das Schmelzen des Schnees anschwoll, so stieg die Sude auch, beide traten über ihre Ufer und das Wasser zerstörte die Saaten.[336] Um dieser Zerstörung vorzubeugen, mußten Erddämme oder Deiche aufgeführt werden, die viel Geld und Arbeit kosteten. Ein solches Stück Land, das von Deichen eingeschlossen, ist die Teldau. Der Name soll auf folgende Weise entstanden sein.

Als die Mühe und Arbeit der Bewohner jenes Landstriches noch ungeschützt vor dem Wasser war, lebte in Blücher ein Pastor, der sehr reich war. Er starb und sein Reichthum fiel an seine beiden Töchter. Diesen ging die Noth der vom Wasser oft heimgesuchten Bewohner zu Herzen, und die eine von beiden beschließt, ihr Geld zum Bau eines Deiches herzugeben. Die Aufwerfung des Deiches beginnt und die Arbeiter erhalten ihren Lohn von der Pastorentochter ausbezahlt. Einst, als sie wieder Arbeitslohn austheilt, erblickt sie zu ihrem Schrecken, daß sie mit ihrem Gelde nicht ausreicht. Sie ruft ihrer Schwester zu ›Tell tau‹, und daraus ist später Teldau geworden.


Seminarist H.W.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 336-337.
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