471. Warum die Stadt Hagenow keine Thore hat.

[343] Als Hagenow, das früher ein Dorf gewesen, zur Stadt gemacht wurde, da machte es den neuen Stadtbürgern große Sorge, woher sie ein Stadtthor bekämen. Da machte Einer darauf aufmerksam, daß der Schulze in Pampow vor seinem Hofe einen Schlagbaum habe, der sich prächtig zu einem Thor eigne. Richtig, in der nächsten Nacht wurde der Schlagbaum geholt und am nächsten Morgen hatte die Stadt ein Thor. Aber der Schulze kam auf die Spur der Diebe und erkannte mit nicht geringem Erstaunen seinen Schlagbaum am Stadtthore wieder. Da machte er denn dem Bürgermeister artige Grobheiten und brachte die Sache vor den Herzog. Dieser erklärte, daß allerdings der Schlagbaum ihm gehöre, aber weil er sich respectwidrig gegen die Obrigkeit benommen, solle der Schlagbaum den Hagenowern bleiben, diese dafür aber in Zukunft keine Thore, sondern Schlagbäume haben. Und so ists noch bis auf den heutigen Tag geblieben.


L. Kreutzer bei Niederh. 4, 114 ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 343-344.
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