4. Wie die Teterower einen Stein aus dem Brunnen herausholen.

[349] Die Teterower ließen einmal einen tiefen Brunnen gründlich reinigen, wozu sie sich von weit her einen berühmten Pumpenmeister verschrieben hatten. Als dieser seine Arbeit glücklich beendigt hatte und bereits sammt all' seinen Geräthschaften wieder abgereist war, fiel unglücklicherweise ein Stein in den Brunnen und es entstand nun die große Frage, wie er wieder herauszuschaffen sei. Da man keine so langen Leitern besaß und überhaupt alle sonstigen Instrumente fehlten, um in die Tiefe zu gelangen, so kam man endlich überein, eine lange lebende Kette zu bilden. Einer faßte also oben an, ein Zweiter an dessen Füßen und so fort, bis man den Grund des Brunnens erreichte. Weil aber die Kante der Brüstung sehr scharf war, so wurde dem Obersten das Halten bald über. Er wollte einmal in die Hände spucken und rief deshalb seinen unter ihm hangenden Kameraden zu ›Hollt mal orndlich fast, Jungens, ik will mi blot mal in de Hänn' spig'n!‹ Damit ließ er los, und plumps! lag der ganze Haufen in der Tiefe des Brunnens und krabbelte dort im Wasser umher. Wie es sonst abgegangen und wie der Stein und die Menschen wieder herausgekommen, meldet die Sage nicht, aber das Loslassen ist seitdem verboten worden.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 349.
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