496. Die Teufelskette in Wesenberg.

[362] An der Kirchthür zu Wesenberg befindet sich ein eigenthümlich geschmiedetes Endchen Kette, das weder Anfang noch Ende zu haben scheint. Man erzählt, daß die Bürger von Wesenberg einst einen Schmied beauftragten, eine Kette anzufertigen, die an der Kirchthür befestigt werden sollte. Als der Schmied die fertige Kette brachte, war man nicht zufrieden damit, sondern trug ihm auf, eine bessere zu fertigen. Als auch diese keinen Beifall fand, rief der erzürnte Schmied aus ›So mag de Düwel jug 'ne Kęd' maken!‹ Am andern Morgen[362] hing denn auch wirklich die Kette an der Thür und man sagt, daß der Teufel sie gemacht habe. Vor zehn Jahren, wird weiter erzählt, sei ein Mädchen von Wesenberg nach Neu-Strelitz gegangen; das habe den Wesenbergern erzählt, ihr sei der Engel Gabriel erschienen und habe ihr gesagt, sie sei dazu bestimmt, die Kette zu entfernen. Nachdem sie zweimal versucht hatte, sie zu zerreißen, gelang es ihr beim drittenmale. Die Kette wurde in die Schleuse bei Wesenberg geworfen.


Gymnasiast Schweder; vgl. Niederh. 1, 27 ff.; NS. 6 f.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 362-363.
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