50. Der Riesenstein bei der Krappmühle.

[34] Eine Stunde von Neubrandenburg entfernt, an der Ausmündung eines Seitenthales in das größere Tollensethal, liegt die Krappmühle[34] unmittelbar an der Eisenbahn. Einige hundert Schritte von derselben entfernt liegt ein ungemein großer Felsblock, von dem Folgendes erzählt wird.

Vor vielen hundert Jahren wohnte auf der Krappmühle ein Müller, dem mitunter große Noth und Mühe durch das plötzliche Anschwellen des Wassers entstand, welches seinen Weg bei großen Regengüssen und Schneefluten nach der Krappmühle nahm. Einst, als dasselbe wieder seine Mühle wegzuschwemmen drohte, bat der Müller einen Riesen, der auf dem entgegengesetzten Tollense-Ufer, dort, wo jetzt das Gut Trollenhagen liegt, wohnte, ihm bei der Aufstauung des Wassers behilflich zu sein. Der Riese versprach ihm dies, machte aber dabei zur Bedingung, auf der bevorstehenden Kindtaufe bei dem Müller zu Gaste geladen zu werden. Der Müller versprach ihm dies und es ging darauf der Riese an's Werk und erbaute in einer Nacht dem Müller eine Schutzwehr und karrte ihm einen Fangdamm, der der Mühle noch heutigen Tages den nöthigen Schutz vor Wasserfluthen gewährt.

Als nun die Zeit der Kindtaufe heranrückte, wurde dem Müller doch bange dabei; er meinte nämlich, ein Riese, namentlich ein hungeriger Riese, würde ihm dermaßen seinen Kindtaufkessel leer essen, daß für ihn und seine Gäste nichts übrig bleiben würde. Er bat daher, uneingedenk seines Versprechens, diesmal den Riesen nicht zur Taufe, im Stillen hoffend, derselbe würde von seinem Familienfeste nichts erfahren.

Hierin täuschte er sich jedoch; der Riese ergrimmte, als er Kunde von dem Wortbruche des Müllers bekam, und ergriff einen gewaltigen Stein, um dem Müller damit den Kindtaufkessel entzwei zu werfen. Er schleuderte den Stein mit furchtbarer Gewalt an's jenseitige Ufer, traf jedoch den Kessel nicht und noch heute liegt der Stein einige hundert Schritte von der Mühle entfernt.


Gutsbesitzer Pogge auf Gevezin; vgl. Niederh. 4, 235. Darnach wohnte der Riese zu Podewall und warf den Stein, weil er nicht zur Hochzeit eingeladen worden war.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 34-35.
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