500. Der ewige Graf bei Dassow.

[365] In einer Kirche nahe bei Dassow lag ein Graf beerdigt, dessen Leichnam nicht verwesen wollte. Als die Kirche umgebaut ward, wurde auch der Sarg des unverweslichen Grafen herausgenommen und in das Leichenhaus gebracht. Im Hause des Pastors kam die Rede darauf, wer wohl den Muth hätte, die Leiche aus dem Leichenhause zu holen. Der Küster sagte, er habe ein Dienstmädchen im Hause, die nicht die geringste Furcht kenne. Diese, herbeigeholt, erklärte sich bereit, ging in das Leichenhaus, nahm den todten Grafen[365] auf den Rücken und legte ihn zu nicht geringem Schrecken der Anwesenden auf den Tisch. Sie sollte ihn nun wieder fortschaffen, erklärte aber ›Her bröcht hevv ik em, ik ward mi woll häuden, em wedder weg to bringen.‹ Erst gegen eine beträchtliche Summe verstand sie sich dazu und trat den Rückweg nach dem Kirchhof an. Unterwegs fing der Todte zu reden an ›Laß meine Füße nicht auf dem Erdboden nachschleppen, zieh mich höher.‹ Sie thuts, legt die Leiche dann in den Sarg mit den Worten ›So, nun ruh in Frieden,‹ und will gehen. Da faßt sie der Todte an der Schürze und sagt ›Ich hätte dich unterwegs erwürgen können, thats aber nicht. Du verdienst durch mich ein gut Stück Geld; da kannst du mir auch einen Gefallen thun.‹ Das Mädchen sagt Ja, und nun fordert er sie auf, hinter dem Altar der Kirche für seine Verwesung zu beten. Sie that es, aber eine Stimme rief ›Nie und nimmer.‹ Sie sagt es dem Grafen wieder. ›Geh nochmals,‹ sagte er. Die Stimme rief ebenso; erst beim drittenmale erklang es ›Nun, so mag es denn geschehen.‹ Und in dem Augenblick zerfällt sein Leichnam in Staub.


Schneidersfrau Reppenhagen in Tramm; durch Hilfsprediger Timmermann mitgetheilt.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 365-366.
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