550. Der Teufelssee bei Schwiessel.

[397] Zu Schwiessel im Gehölze, welches an Neuheinde grenzt, liegt ein großer Teich, sehr tief und ohne Vorland, der Teufelssee genannt. Alte Tagelöhner erzählen von ihm Folgendes, was sie schon von ihren Eltern erfahren haben.

Vor vielen Jahren gehörte Groß-Butzin, woselbst sich damals noch Bauern befanden, zu Schwiessel, und die Bauern mußten Hofdienste dahin leisten sowohl mit Leuten als auch Gespann. Damals pflegten auch noch Frauensleute mit Pferden zu arbeiten. So geschah es eines Tages, daß Butziner Mägde beim Schwiesseler See eggten, denn das Holz war damals dort noch nicht vorhanden. Da kommt plötzlich ein großer kohlschwarzer Hengst bei den Eggern gegangen. Eine Dirne nun hatte ein altes und schlechtes Pferd und sie sagt zu[397] ihren Genossinnen ›Ik glöw, ik spann mi den swarten Hingst för min oll leg Mähr' vör de Ęg'.‹ Die andern sagen ›Dat dau du.‹ Gesagt gethan, sie spannt ihre alte Mähre von der Egge ab und thut dem fremden Hengste die Sielen auf, spannt ihn vor die Egge, was er Alles geduldig mit sich machen läßt, und fängt an, auf- und niederzueggen, der Hengst geht ganz geduldig. Als nun aber quer über diese Längsfurchen gezogen wird, also daß die Eggfurchen sich zu kreuzen anfangen, da wird der Hengst plötzlich scheu, reißt sich los und fährt wie wüthend mitsammt Sielengeschirr und Egge in den See, wo er spurlos verschwindet. Am Johannistage, in der Mittagsstunde, soll die Egge noch jetzt in diesem See ›baben up 't Water fleeten‹.

Dieselbe Sage erzählte ein alter verstorbener Statthalter in Neuheinde etwas anders.

Ein Bauer aus Klein-Butzin hat seinen an der Grenze von Schwiessel gelegenen Acker an einem stillen Freitag geeggt. Da kommt ein schwarzer Hengst heran, den spannt er sich an die Stelle von einem seiner Pferde. Er eggt nun, nachdem er vom Nebenhergehen ermüdet, sich auf den Hengst gesetzt, seinen Acker zuerst auf und nieder und fängt dann an, ihn auch querüber zu eggen; doch kaum kreuzen sich die Eggfurchen, so reißt sich der Hengst los, geht durch und läuft auf den See zu. Pferd und Bauer sind nie wieder zum Vorschein gekommen.


Wirthschafter L. Thilo in Neuheinde.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 397-398.
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