567. Die Leuchte von Proseken.

[408] Unter den Bewohnern der Dörfer Gägelow, Wendorf, Stoffersdorf und Proseken bei Wismar ist allgemein verbreitet die Sage von der ›Leuchte‹ (Lücht), einer großen feurigen Kugel in der Größe eines Kopfes, die sich auf den Feldern jener Dörfer sehen läßt. Gewöhnlich geht sie Abends zwischen sieben und acht Uhr vom Proseker Kirchhof aus, nach Andern von einem Graben am Kirchweg von Gägelow nach Proseken. Eine Tagelöhnersfrau Schmidt hat sie schon oft dicht unter den Fenstern ihrer Schlafkammer vorbeigehen sehen. Schlägt man mit einem Stock nach ihr, so biegt sie aus. Hunde, die sie sehen, fangen kläglich an zu heulen und verkriechen sich hinter ihren Herrn. Der Weber Bantow aus Gägelow geht einst Abends mit Freunden auf die Jagd. Bei einer Biegung des Weges, nicht weit[408] von einem Gebüsche, treffen sie die Leuchte. Bantow, ein beherzter Mann, schießt auf sie trotz der Warnung seiner Freunde, fällt aber sofort, wie er geschossen, wie todt nieder und wird so nach Hause getragen, war dann lange Zeit krank. Die Leuchte aber verschwand. Sie zeigt sich hauptsächlich, wenn nach Regentagen wieder besseres Wetter eintritt, nach Anderen zu jeder Jahreszeit außer im Winter.


Aug. Westendorff in Wismar; Ewald Brockmann aus Proseken; vgl. Niederh. 4, 1, wo noch hinzugefügt wird, daß zwei weißgekleidete Mädchen die Leuchte tragend gesehen werden, die mitunter aus einem Brunnen in Wendorf Wasser in einem Eimer schöpften.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 408-409.
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