584. Kuh lebendig begraben.

[418] Vor mehreren Jahren verlor ein Hauswirth in Heiligenhagen durch Verwundung von unbekannter Hand mehrere Kühe, ohne daß der Thäter entdeckt werden konnte. Damals wurde im Dorfe erzählt, daß vor vielen Jahren eine Seuche daselbst gewesen, die viele Menschen und fast alles Vieh hinweggerafft habe. Um diese zu hemmen und[418] den bösen Geist zu versöhnen, sei nach damaliger Sitte eine junge Kuh lebendig in die Erde gegraben und derselben ein Weidenzweig ins Maul gesteckt worden. Wenn nun dieser Zweig weiter wächst und ein Baum werde, so sei das ein Zeichen, daß der Böse besänftigt sei. Sobald aber dieser Baum von Jemandem abgehauen werde, so würde den Thäter großes Unglück treffen.

Eine solche Weide habe nun auf dem Felde jenes Hauswirthes gestanden, sei aber von diesem umgehauen und ausgerodet worden, und dies sei die Ursache, daß ihm sein Vieh verwundet und umgekommen sei.


Pastor emer. Handter in Rostock.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 418-419.
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