594. Schäferstein von Dammereez.

[425] Unweit des ritterschaftlichen Gutes Dammereez, 1/4 Meile von dem Eisenbahnhaltepunkte Brahlstorf, steht auf dem herrschaftlichen Acker ein Stein, der einige Aehnlichkeit mit einer menschlichen Gestalt hat. Der Kopf mit der Nase und die verstümmelten Arme sind, wenn man will, noch so ziemlich zu erkennen. Der Stein soll der Körper eines ehemaligen Schäferknechtes sein. Diesem pflegte sein Herr gewöhnlich Brot und Käse mit auf das Feld zu geben. Mit der Zeit wurde dem Knechte das ewige Einerlei der Speise überdrüssig. Das Brot pflegte er den lieben Herrgott zu nennen, eben weil es ihm weniger zuwider war; hingegen den Käse nannte er den grünen Teufel.

Eines Tages stand der Schäferknecht auf einer Anhöhe und bewachte seine Schafe. Und als er die Thiere so ruhig weiden sah, und wie es ihnen so herrlich mundete, während doch ihm der grüne Käse nimmermehr schmecken wollte, da packte ihn ein namenloser Grimm. Er zog den Käse aus seiner Tasche, schleuderte ihn heftig auf die Erde, trat ihn mit Füßen, ließ ihn wie eine Kegelkugel den Berg hinunterrollen, warf das liebe Brot hinter her und schrie ›Grön Düwel rönn, leiw Herrgott is achter di!‹ Und der liebe Herrgott war hinter ihm, aber nicht hinter dem Käse, sondern hinter dem Schäfer. Denn kaum hatte der Frevler seine gotteslästerliche That ausgeführt, so wurde er zu Stein.


L. Kreutzer in Parchim bei Niederh. 3, 97 f.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 425.
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