606. Der Jungfernstein bei Malchin.

[432] Im Walde bei Malchin, am Wege nach Neu-Kalen, liegt ein Feldstein, der ›Jungfernstein‹ genannt, der deutlich den Abdruck eines Fußes zeigt. Er rührt der Sage nach von einer Braut, deren Bräutigam Zweifel an ihrer Treue und Unschuld äußerte, bis sie zuletzt ausrief ›So wahr ich meinen Fuß in diesen Stein treten werde, so wahr bin ich unschuldig.‹ Und wirklich drang der Fuß in den Stein und die Spur ist noch heute zu sehen.[432]

Nach anderer Ueberlieferung rührt die Spur von einer wendischen Prinzessin her, die mit einem benachbarten Ritter in Grenzstreitigkeiten lag und mit einem Eide beschwur, daß der streitige Punkt von jeher ihrer Familie gehört habe. Als nun der Ritter höhnend sagte, er gebe nichts auf ihren Eid, rief sie ›So wahr ich meinen Fuß und mein Scepter in den Stein stoße, so wahr spreche ich die Wahrheit.‹ Daher ist neben der Fußspur auch noch die des Scepters in dem Steine zu sehen. Den Ritter aber verschlang die Erde, zugleich seine auf einer Insel gelegene Burg, deren Thürme die Schiffer bei klarem Wetter noch auftauchen sehen.


Niederh. 3, 252; vgl. Gotthardt, Sagen der Vorzeit, Malchin 1862, S. 5.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 432-433.
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