4.

[43] Der alte Fischer Köster in Plau fuhr mal des Nachts auf der Elde, um Fische zu fangen. Da sah er, wie aus einem Rosenstrauche am Ufer ein kleines Männchen hervortrat in goldgesticktem Sammtmantel und eine Krone auf dem Haupte. Das Männchen bot dem Fischer einen freundlichen guten Morgen und sprach ›Lieber Fischer, erschrick nicht! ich bin der Prinz vom Gallberge und will mich heute mit der Prinzessin vom Klöterpott vermählen; wenn du mich überführst, sollst du aller Armuth ledig sein.‹ Der Fischer nahm ihn in den Kahn, es wollte ihm aber vorkommen, als stiegen außerdem noch mehrere in denselben, denn er sank ziemlich tief; aber es war Niemand weiter zu sehen. Als er ans andere Ufer gekommen, warf der Prinz ihm ein Goldstück in den Kahn, zugleich fielen, wie von unsichtbaren Händen geworfen, eine Menge Silberstücke hinein. Der Prinz stieg ans Land, dankte dem Fischer freundlich und sagte ›Nach drei Tagen komme ich mit meiner jungen Gemalin hieher zurück; wenn du uns dann denselben Dienst leistest, so sollst du für dein ganzes Leben aller Sorge enthoben sein.‹ Damit verschwand er hinter den Wasserweiden, die damals das Flußufer an der Stadtseite umgaben.

Der Fischer, nachdem er sich von seinem Erstaunen erholt, sammelte die Geldstücke in seine Fischerkiepe, es waren außer dem Goldstücke neunundneunzig Silbermünzen. Zu Hause erzählte er seiner Frau, was ihm begegnet war und zeigte ihr seinen Fährlohn. Die war denn nicht minder verwundert als er. In der dritten Nacht stellte er sich vor Sonnenaufgang an den Weiden am Ufer ein, und wie eben die ersten Sonnenstrahlen sich zeigten, trat der Prinz mit seiner kleinen Gemalin an der Hand hervor und stieg nach freundlichem ›Guten Morgen‹ alsbald in den Kahn. Auch diesmal war es, als wenn noch viele Andere unsichtbar in den Kahn stiegen; denn er ging so tief, daß der Fischer zu sinken fürchtete. Am andern Ufer angekommen, warf der Prinz zwei Goldstücke in den Kahn und gleichzeitig regnete es noch viele andere, diesmal auch Goldstücke, hinein. Der Prinz und seine Gemalin sagten dem Fischer freundlich[43] Lebewohl und verschwanden in demselben Rosenstrauche, aus welchem der Prinz das erstemal gekommen war.

Der Fischer überzählte seinen Lohn und fand außer den zwei Goldstücken deren noch zweimal neunundneunzig kleinere Goldmünzen. Er trug Alles nach Hause, wo seine Frau ihn schon mit Ungeduld erwartete, und beide lebten von da an sorgenlos bis an ihr Ende.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 43-44.
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