612. Teufel stört Kartenspieler.

[438] Bei dem Gastwirth K. in Stargard war eine rechte Spielhölle. Nicht bloß daß Bürger und Landleute sich dort zum Kartenspiel einfanden, auch einzelne Geistliche waren von der Spielwuth angesteckt. So saßen auch einmal drei Pastoren beim Wirthe K. und spielten; obwohl es schon tief in der Nacht war und die Pferde schon lange angespannt vor der Thür hielten, so konnten sie nimmer ein Ende finden. Dem Kutscher des Einen wird vor der Thür die Zeit lang, und er schleicht sich leise in die Stube und nimmt nicht weit von der Thür Platz. Nicht lange nach ihm tritt ein anderer Mann in einem grünen Rock in die Stube und läßt sich, von den Spielern unbemerkt, nicht weit von ihm auf einen Stuhl nieder. Da entfällt einem der Pastoren eine Karte, und als er sie aufheben will, gewahrt er den Fremden und bemerkt gleichzeitig, daß er einen Pferdefuß hat. Er schreit laut auf, die andern werden ebenfalls des Fremden ansichtig und Alle fliehen entsetzt aus dem Zimmer. Der Fremde folgt ihnen auf dem Fuße. Schnell geht da der Kutscher an den Spieltisch, rafft[438] das Geld zusammen und eilt nach seinem Wagen. Als er hinauskommt, sitzt der Fremde bei seinem Herrn in der Kutsche. Er schwingt sich auf seinen Sitz und die Pferde laufen von selber in gestrecktem Lauf von dannen. In der Kutsche hört der Kutscher ein lautes, heftiges Gespräch; die Pferde sind gar nicht zu halten, sie laufen wie toll durch Dick und Dünn, und erst als sie den Grund und Boden ihrer Pfarre erreicht haben, da springt der Fremde aus dem Wagen, und zu seinem großen Schreck bemerkte der Kutscher, daß seine braunen Pferde wie in Schweiß gebadet und mit Schaum bedeckt sind, so daß sie einem paar Schimmel gleichen. Der Prediger steigt still und zitternd aus dem Wagen, und der Kutscher hat auch nicht den Muth, seinen Herrn des Näheren zu fragen. Nach längerer Zeit fängt der Pastor einmal mit dem Kutscher hierüber zu sprechen an und fragt ihn, ob er nichts von dem Gelde wisse, das sie auf dem Spieltische zurückgelassen hätten. Da plagt diesen das Gewissen und er gesteht, daß er es sich angeeignet habe. Der Pastor verlangt keine Herausgabe, sondern sagt ihm, er solle es nur behalten, es würde es ihm Keiner abverlangen; aber ob er wohl wisse, wer der Fremde gewesen sei? Als der Kutscher es verneinte, sagte er, der Teufel sei es gewesen und er habe doch wohl gehört, was für ein heftiges Gespräch sie miteinander geführt hätten. Doch nur damit habe er ihn geschlagen, daß er auf seine Frage aus dem Liede: Nun ruhen alle Wälder u.s.w. ›Wo bleibt dann Leib und Seel?‹ geantwortet habe ›Nimm sie zu deinen Gnaden, sei gut vor allem Schaden, du Aug' und Wächter Israel!‹ Als dies der Teufel gehört, sei er aus dem Wagen gesprungen.


F.C.W. Jacoby bei Niederh. 3, 117 f.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 438-439.
Lizenz:
Kategorien: