636. Der Todtschlag bei Woldegk.

[456] Dort, wo auf der Mildenitzer Feldmark beim Pfarracker, nahe an der alten Landstraße nach Woldegk – unfern der jetzigen Chaussée – ein großer Dornbusch steht, ist der sogenannte Todtschlag, wo es immer nicht recht geheuer ist und öfter spuken soll. Während Einige sagen, dieser Ort habe seinen Namen davon, weil hier einst Jemand[456] seinen leiblichen Bruder erschlagen und daß eben von dieser schrecklichen That das Spuken am Dornbusch herkomme, bestreiten dies wieder Andere und behaupten, der Name und das Spuken stamme von einem ganz andern Morde her. Nach dieser Erzählung war einst ein reisender Handwerksbursche, ein Nagelschmiedgeselle von Profession, in dem Kruge zu Mildenitz eingekehrt. Hier zog er mit prahlender Miene einen straffen Beutel aus der Tasche hervor, so daß alle Anwesenden nicht anders glaubten, als der Beutel sei voll von schierem Gelde. Als der Handwerksbursche hierauf seinen Weg nach Woldegk fortsetzte, schlichen einige Kerle, welche auch gerade in der Schenkstube gewesen waren, ihm nach, überfielen ihn beim Dornbusche an der Mildenitzer Grenze und erschlugen ihn. Als sie aber den Beutel öffneten, fanden sie ihn mit weiter nichts als lauter kleinen Nägeln angefüllt.


Niederh. 4, 56 f.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 456-457.
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