649. Stecken schlägt aus.

[463] In Spendin, einem dem Kloster Dobbertin gehörigen Gute, stahl einmal ein Mann ein Pferd. Von den Häschern verfolgt, traf er einen Schäfer und bat ihn, das Pferd nur einen Augenblick zu halten, damit er seine Nothdurft verrichten könne. Die Häscher kamen heran, ergriffen den Schäfer und schleppten ihn, wiewohl er seine Unschuld betheuerte, vor den Richter, der ihn zum Tode verurtheilte. Als er nach dem Gerichtsberge geführt wurde, stieß er am Wege seinen Stecken in die Erde und sagte ›So wahr ich unschuldig bin, so wahr wird dieser Stecken ausschlagen!‹ Kaum war er hingerichtet, als der eichene Stab Blätter und Zweige trieb. Der Berg und die Eiche werden noch heute gezeigt.


Dr. Wilbrandt in Rostock; vgl. NS. 122.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 463.
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