1.

[464] Im Jahre 1351 brach in Wittenburg in dem Hause eines reichen Bürgers Feuer aus, welches, vom Winde getrieben, einen großen Theil der Stadt in Asche legte und nur mit Mühe endlich gedämpft werden konnte. Als dies gelungen war, wurde ein Arbeiter der Brandstiftung angeklagt, und da er seine Unschuld betheuerte, zum Tragen des glühenden Eisens verurtheilt. Er ergriff das Eisen und hielt es aufrecht, ohne einen Schmerzenslaut auszustoßen. Als man nachsah, zeigte seine Hand nicht die kleinste Brandwunde. Aber noch mehr, das Eisen war plötzlich verschwunden. Ein Jahr darauf, als man die Häuser neu aufbaute und die Straßen neu pflasterte, stieß ein Arbeiter, der einige Steine aufnahm, plötzlich einen gellenden Schrei aus. Da fanden sie das vor einem Jahre verschwundene Eisen, das noch glühend heiß war und dem Arbeiter die Hand verbrannt hatte. Dieser gestand ein, daß er der Brandstifter gewesen, und wurde dafür vom Leben zum Tode gebracht. Das Eisen ward noch lange auf dem Rathhause zu Wittenburg aufbewahrt und gezeigt.


G.F.C. Neumann bei Niederh. 3, 108 ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 464.
Lizenz:
Kategorien: