1.

[17] Im Hause des jungen Warnke in Sukow (bei Crivitz) rechts an der Diele unter dem Kuhstalle wohnten zwei unterirdische Weiber, die ungetaufte Kinder stahlen und dafür ihre Wechselbälge unterschoben. Deshalb wurde jedem ungetauften Kinde des Nachts ein brennendes Licht an die Wiege gestellt.

Alle Neumond, Abends im Zwielichte, rief eines dieser Weiber in die Stube ›Leent uns jug'n Brukętel 'n bęten!‹ Dann ging die[17] Bauersfrau in die Küche, holte den Kessel, setzte ihn auf die Diele und nach dem Abendessen war er verschwunden. Am dritten Abend darnach, zur selben Stunde, rief das Weib wieder ›Hir is jug' Brukętel werre, wi bedanken uns ok.‹ Wenn die Frau hinausging, stand ihr Kessel auf der Diele und waren immer einige Kannen schönen Bieres darin.

Eines Abends im Spätherbste hatten Warnke's Mutter und das Dienstmädchen in der Backkammer, die rechts am Gang bei der Hinterthür lag, eingesäuert, um am anderen Morgen zu backen. Während das Mädchen den Teig zudeckte, sah Mutter Warnke noch einmal zur Hinterthür hinaus. Da hört sie in der Lewitz das Getöse der wilden Jagd und sagt zu ihrer Dirne: ›Dor is de oll Węderhex Waur all werre.‹ Kaum war sie wieder zur Hinterthür herein, da kamen die Hunde der wilden Jägerin ihr nach, drangen in die Backkammer und schlürften von dem Teig. Die alte Frau sprach zur Dirne: ›Nu frett 't Deiwelstüg mi all den Deig up!‹ Kaum hatte sie das gesagt, da gab die wilde Jägerin das Zeichen mit dem Horn und die ganze Meute stürzte hinaus. Wie Mutter Warnke durch die Thür guckte, sah sie die wilde Jägerin zu Roß aus dem Hofthor jagen, die beiden weißen Weiber mit den Haaren zusammengeknüpft vor sich über dem Pferde hängend. Seit der Zeit sind die weißen Weiber aus Warnke's Haus verschwunden.


Struck in Dargun, nach mündlicher Ueberlieferung; Niederhöffer 3, 190 ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 17-18.
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