9.

[8] Vor etwa 50 Jahren ward von dem Pachthofe Schwiesow, in der Nähe von Bützow, in der Abenddämmerung ein Dienstmädchen nach dem eine halbe Stunde entfernten Hofe Lüssow geschickt. Das Mädchen langt, ohne daß ihm etwas passirt, dort an, richtet seinen Auftrag aus und begibt sich wieder auf den Rückweg. Am Wege von Lüssow nach Schwiesow lag eine Mergelgrube, bei der, wie man glaubte, es nicht recht geheuer war. Als sie bei derselben angekommen ist, hört sie ganz plötzlich ein Geheul und ›Gezawwel‹ von vielen Hunden. Plötzlich ruft eine Stimme vor ihr ›Bleib auf der Mittelstraß', dann beißen dich meine Hunde nicht!‹ Heftig erschrocken blickt sie auf; vor ihr steht ein Mann ohne Kopf. Wie angewurzelt steht sie da und starrt die Erscheinung an. Das Geheul der Hunde kommt immer näher und näher. Endlich sieht das Mädchen etwas in ihrer unmittelbaren Nähe im Wege sich bewegen. Es sind lauter ›Pottbuddeln‹, die immer ›jickel, jackel‹ neben einander hertrollen und gerade auf sie lossteuern. Das Bellen und Heulen dauerte fort, und[8] wieder rief der kopflose Mann ihr zu: ›Bleib auf der Mittelstraß', dann beißen dich meine Hunde nicht!‹ Das Mädchen will nun auch in der Mitte des Weges weiter gehen; die bellenden und kläffenden ›Pottbuddeln‹ verfolgen sie jedoch und drängen sie unter dem Hohnlachen des Kopflosen in die mit Dornengestrüpp bestandene Mergelgrube hinein, in der sie sich an den Dornen Hände und Gesicht blutig ritzt. Als sie wieder zur Besinnung kam, war Alles verschwunden. Zu Hause angekommen, erzählte sie ihr Begegniß, da sagten die Leute: ›Dat is nicks anners as de Wod west.‹


Aufgezeichnet von Lehrer Weber in Schwaan.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 8-9.
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