658. Teufel als Frau.

[467] Ein vornehmer Herr, welcher ein großer Damenliebhaber war, fuhr öfters aus, um sich eine Geliebte aufzusuchen. Als er nun eines Morgens wieder ausfuhr, sagte er zu seinem Kutscher ›Heute muß wieder Eine her und wenn sie auch vom Teufel wär.‹ Wie sie nun durch einen Wald fuhren, sieht der Herr am Wege eine sehr schöne Dame stehen. Er eilte auf sie zu, herzte und küßte sich mit ihr. Der Kutscher, welcher dies vom Wagen mit ansah, bemerkte, daß die Schöne, welche der Teufel war, einen Hühner- und einen Pferdefuß hatte und rief seinem Herrn zu ›Herr, sehen Sie nicht nach dem Kopfe, sondern nach den Füßen.‹ Da riß sich der Herr aus der Umarmung des schönen Frauenzimmers, so sehr ihn dasselbe auch festzuhalten und mit sich in den Wald zu ziehen suchte, los. Er[467] sprang rasch auf den Wagen und befahl seinem Kutscher, so schnell wie möglich nach Hause zu jagen, was derselbe auch that. Die Schöne folgte ihm und war immer dicht hinter dem Wagen. Zu Hause angekommen, sprang der Herr rasch vom Wagen und eilte auf sein Zimmer. Hier riß er ein Waldhorn vom Nagel an der Wand, stieß das Fenster auf und blies aus demselben Gesang Nr. 210 ›Herr ich habe mißgehandelt etc‹. Da der Teufel dem Herrn nun nichts anhaben konnte, so wandte er sich nach dem Stall, wo er den Kutscher dafür, daß er den Herrn gewarnt hatte so ›knickpumpte‹ (= mit der Faust ins Genick stieß), daß er seinen Tod davon nahm.


Lehrer Schwartz nach Mittheilung der alten Zimmermannsfrau Schröder in Finkenthal.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 2, Wien 1879/80, S. 467-468.
Lizenz:
Kategorien: