1408.

[271] Pfingsten ist ein ›Fest der Freude‹, besonders für die Hütejungen der Eldenaer Gegend. An dem ersten Feiertage muß der Bauer den Jungen frei geben, und soll das Vieh dennoch auf die Weide, so muß er selber oder Jemand anders es hüten, nur die Kuhjungen nicht, denn diese feiern am ersten Pfingsttag ihren Festtag. Schon des Morgens früh durchzieht die gesammte Schaar derselben mit Peitschenknall das Dorf hier- und dorthin. Voran im Zuge geht der ›König‹ mit einem hölzernen Säbel an der Seite. Seine Königskrone, ein großer runder Reif mit Grün bewickelt, auf welchem zwei andre ebenfalls bewickelte Reifen kreuzweise sich wölben zu einer Halbkugel, ist zu groß, als daß er sie selber auf seinem Haupte tragen könnte, es müssen vielmehr vier andre Knaben die Krone wie einen Baldachin über ihm halten. Hinter dem Könige folgt der ›Mückenfänger‹, auch wohl ›Poppenspęler‹, der die Aufgabe hat, von des Königs Haupt die lästigen Mücken und Fliegen mittelst einer Ruthe abzuwehren. Dann kommt der ›Dauschlęper‹ mit einem grünen Busch am Fuß, dessen Aufgabe die ist, alle milden Gaben der Bauern in Empfang zu nehmen, und hinter diesem der Junge, der am Pfingstmorgen zuletzt herauskam, oder der überhaupt der Letzte war beim Viehaustreiben in demselben Jahre. Dieser hat den Namen ›Pingstkarr‹ oder ›Pingstkalw‹ und bekommt von jedem Hutjungen eine Zwicke für seine Peitsche, hinter diesen vier oder acht Knaben folgt nun die übrige Schaar der Hütejungen. – Es ist übrigens zu bemerken, daß die beschriebene Ordnung des Zuges nicht in allen Dörfern die gleiche ist, sondern öfter Abänderungen erleidet. So z.B. fehlt im Dorfe Loosen (Amt Lübtheen) der Pingstkalw ganz, auch in Eldena habe ich von diesem nichts gehört, wohl aber in Bresegard bei Eldena. Den Namen Pingstkarr hörte ich in Gr.-Laasch. – Des Nachmittags wandern alle Jungen mit ihren Würsten, Bröten, Semmeln, bisweilen auch Branntwein, alles Steuern, welche sie am Morgen aus den verschiedenen Häusern eingetrieben haben, auf das Feld hinaus, und halten dort ein Festessen.


Hilfsprediger Timmermann in Mummendorf. Vgl. WS. 2, 163, Nr. 457. Nordd. Gebräuche 72.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 2, Wien 1879/80, S. 271.
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