VII.

[153] Ein bitter Wissen, das auf Reisen wir erspähen!

Die Welt läßt, eng und klein, für ewig festgebannt,

Uns gestern, morgen, heut das eigne Bildnis sehen,

Oase tiefen Grauns in öder Wüsten Sand!


Muß bleiben man, muß fliehn? Kannst bleiben du, so bleibe;

Geh, wenn dir's not! Der flieht, der duckt verborgen sich,

Daß er die Wachsamkeit des Feindes hintertreibe,

Der Zeit! – O Läufer sind, die unabänderlich


Wie die Apostel und der ewge Jude eilen,

Die Schar, der Kiel und Rad nie schnell genug erschien,

Zu fliehn des Gegners Netz; und andere verweilen

Am Ort, der sie gebar, und töten dennoch ihn.


Wann endlich seinen Fuß im Rücken wir gewahren,

Dann können hoffen wir und rufen laut; Voran!

So wie vor Zeiten einst gen China wir gefahren,

Den Blick auf weiter See, die Haare im Orkan.


Wir werden froh das Meer der Finsternisse grüßen,

Dem jungen Wandrer gleich, des Herz sich freudig hebt,

Hört diese Stimmen ihr, die dunklen, tödlich-süßen,

Die singen: Kommt hierher, die ihr zu speisen strebt


[154] Vom Lotus selgen Dufts. Hier erntet ihr alleine

Die Wunderfrucht, nach der ihr hungernd lang geirrt;

Kommt ihr berauschen euch am seltsam-milden Scheine

Des Sommernachmittags, der niemals enden wird?


Die traute Stimme weist uns Schatten, längst begraben;

Die Schar der Pylade erschließt die Arme weit.

»Schwimm zu Elektren hin, dein müdes Herz zu laben!«

Ruft sie, der wir die Knie geküßt vor langer Zeit.

Quelle:
Baudelaire, Charles: Blumen des Bösen. Leipzig 1907, S. 153-155.
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Die Blumen des Bösen
Les Fleurs du Mal /Die Blumen des Bösen: Franz. /Dt
Die Blumen des Bösen: Französisch/Deutsch
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