Die Blinden.

[102] Betrachte sie, mein Herz, wie sind sie fürchterlich!

Den Gliederpuppen gleich, fast lächerlich zu schauen;

Und wie Nachtwandelnde erwecken sie uns Grauen.

Durchs Leere tastet ihr erstorben Auge sich.


Die Augen, draus entflohn das Licht, das gottgeschenkte,

Erheben sie, als ob sie in die Ferne sähn,

Zum Himmel. Niemals noch sahst je du einen gehn,

Der träumerisch sein Haupt zu Boden niedersenkte.


Das Dunkel unbegrenzt, das sie umfangen hat,

Durchziehn sie, das verwandt der ewgen Ruh. O Stadt,

Indes du singst und brüllst, stets neuen Rausch zu finden


In grauenhafter Lust, der du schon übersatt,

Ich schlepp mich auch, und mehr als sie zerstört und matt,

Frag ich: was suchen sie im Himmel, all die Blinden?

Quelle:
Baudelaire, Charles: Blumen des Bösen. Leipzig 1907, S. 102-103.
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Die Blumen des Bösen (Auswahl)
Die Blumen des Bösen
Les Fleurs du Mal /Die Blumen des Bösen: Franz. /Dt
Die Blumen des Bösen: Französisch/Deutsch
Les Fleurs du Mal / Die Blumen des Bösen: Französisch/Deutsch
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