Eilfter Auftritt.

[104] Vorige. Fanchette.


FIGARO. Sieh da, mein kleines Bäschen! Behorchst du uns?

FANCHETTE. Pfui, Herr Vetter, das schickt sich ja nicht.

FIGARO. Freilich nicht, aber zuweilen nützt es, und man nimmt das Nützliche statt des Schicklichen.

FANCHETTE. Aber ich horchte ja gar nicht, ich suchte nur Jemanden.

FIGARO. Der nicht hier sein kann, wie du recht gut weißt: Cherubin.

FANCHETTE. Ach geht doch! Wo der ist, weiß ich am besten. Nein, ich suchte Base Suschen.

FIGARO. Und warum?

FANCHETTE. Euch, Herr Vetter, kann ich's ja sagen. Ich soll ihr was zustecken.

FIGARO aufmerksam werdend. Was denn?

FANCHETTE. Hähähä, eine Stecknadel.

FIGARO. Eine Stecknadel?! Und wer schickt ihr die? – Wär's möglich? – Mädchen, Mädchen, du bist noch so jung und verstehst dich schon ... Auf einen Wink Marzellinens besinnt er sich. Ich meine, verstehst dich schon auf so spitzige, schwierige Bestellungen?[104]

FANCHETTE. Worüber ärgert sich denn der Herr Vetter?

FIGARO. Ich mich ärgern? Kein Gedanke! Er lacht gezwungen. Ich weiß ja, was du auszurichten hast. Der Herr Graf schickt die Stecknadel an Susannen und läßt ihr melden ... Sag's einmal her, ob du es auch richtig behalten hast?

FANCHETTE mit Wichtigthuerei wiederholend. Dies sei das Siegel von der – Romanze von den Kastanienbäumen ... Und, hat der Herr Graf befohlen, Niemand soll darum wissen.

FIGARO. Versteht sich, Niemand. Mußt also auch Niemandem ein Wort sagen, als Susannen, und auch ihr nicht, daß ich davon weiß.

FANCHETTE. Wo werd' ich denn? Ihr seid ja jetzt so gut wie ihr Mann! Und die Ehemänner dürfen von ihren Frauen nichts wissen. Gelt? Sie läuft hastig weg.

FIGARO ingrimmig. Die liebe Unschuld!


Quelle:
Beaumarchais [Pierre-Augustin Caron de]: Figaro's Hochzeit. Leipzig [o. J.], S. 104-105.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Figaros Hochzeit oder Der tolle Tag
Die Figaro-Trilogie: Der Barbier von Sevilla oder Die nutzlose Vorsicht / Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit / Ein zweiter Tartuffe oder Die Schuld der Mutter