VII. Von unterschiedenen andern auff dem Hartz vorhandenen Seen und wässerigen Erd-Fällen.

[95] Über die vor erzehlte Seen und wässerigen Erd-Fälle finden sich noch unzehlbar viele andere an dem Hartz; Ob nun schon bei denselben nichts zu berichten vorfället, welches vor andern merckwürdig sei, so habe dennoch von etlichen derselben gedencken wollen, um denen unwissenden Curiosis zu zeigen, woher dieselben entstehen zumahl da solches zu der Anmerckung der folgenden Beschreibung des Hunger-Sees sehr vonnöthen zu sein erachte, damit aber, so viel müglich, fernere Weitläuffigkeit verhütet werde, sind dieselben zusammen allhier unter einen Titel gebracht worden. Melde derohalben, daß man in der Graffschafft Stollberg allein unterschiedene antreffe, nemlich die beiden Seen bei Ufftrungen, der Enten-See, unter dem so genannten Todten-Wege, etliche See-Löcher in dem grossen Hütten-Teiche bei Rotleberode, so daselbst das Hütten-Werck treibet, und noch ein ander See-Loch in dem Dorffe Rotleberode selbsten, dem die Einwohner einen wunderlichen Nahmen gegeben haben, indem sie solches auff ihre Sprache Orthien-Buchs Loch, das ist Dorotheen-Bauchs Loch nennen welche alle ein fliessendes Quell-Wasser von sich geben, da hingegen ein stehendes und stilles Wasser haben der Faule- oder Bernhards-See bei dem Berge, so davon den Nahmen hat, und der See-Berg genennet wird, ingleichen der Fach-See, die Egels-Grube, die Gruben unter Rotleberode nach dem Creutz-Stiege, der Räthers-See und andere mehr. Ausser vor gemeldeten im Stollbergischen gelegenen Seen und wässerigen Erd-Fällen[95] giebet es noch mehr andere, massen nicht weit von dem unter dem 5 Titel gedachten Kreiß-Loche gegen Abend auff der Höhe fünff tieffe Erd-Fälle vorhanden sind, welche alle ein tieffes Wasser, und keinen Mangel an Fischen, haben, die von denen Einwohnern des benachbarten Dorffes Liebenrode daraus geholet werden. Es hat aber ein jeder von diesen Seen seinen besondern Nahmen bekommen, denn der erste genennet wird die Reffel-See, der andere die Milch-See, der dritte das Elige Grabenthal, der vierdte die Opffer-See, und der letzte das Wieder-Täuffer-Loch; weilen in demselben vor Alters drei Wieder-Täuffer von Ellrich, deren es etliche zu der Zeit daselbst gegeben, ersäuffet worden. Merckwürdig ist es von diesem letzten See: daß dessen Wasser weder zu- noch abnimmet, sondern immerfort in einer Tieffe bleibet. Noch werden dergleichen wässerige Erd-Fälle im Walckenrieder Gebiete gefunden, wovon der eine nahe bei einem Closter, an dem Berge, darinnen die Zwerg-Löcher sind, lieget, und seiner vormahligen grausamen Tieffe wegen die Hölle genennet wird, zwei andere aber werden nicht weit von Ellrich an dem Berge so der Bogenthal heisset, gefunden, welche ingesamt Fisch-reich sind, sonderlich wenn denselben Friede gelassen, und ihnen nicht gar zu offte zugesprochen wird. Was den Ursprung dieser wässerigen Erd-Fälle anbetrifft, so rühren solche von denen tieffen unterirdischen Wassern her, denn wenn von denselben die in der Tieffe vorhandene Erde zum Theil abgeschwemmet theils aber nur erweichet wird, so kan es nicht anders sein, als daß von solcher etwas ab- und auff den Grund gedachter Wasser falle, alsdenn von Jahren zu Jahren die innere Grund-Erde so lange nachschiesset, biß endlich daraus eine Höle entstehet, weilen aber auff solche Art der obern ihr Fundament oder Grund-Feste benommen worden, so fället alsdenn dieselbe, ihrer Schwere wegen, auff einmahl plötzlich ein, sonderlich wenn dieselbe von einem starcken Donner-Wetter hefftig erschüttert, oder durch einen heftigen Platz-Regen erweichet und schwer gemachet wird. Aus vor besagten ist nun ebenfalls zu schliessen, woher der Unterschied solcher Erd-Fälle entstanden, und einer von dem andern tieff und weit sei sintemahl ein jeder leicht erachten kan, daß, je tieffer und[96] grösser das Wasser unter der Erden an einem Ort sich befinde, je tieffer und grösser auch ein Erd-Fall daselbst sein müsse.

Quelle:
Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa oder Curiöser Hartz=Wald [...], Nordhausen 1899 [Nach der Ausgabe Nordhausen 1703], S. 95-97.
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