II. Von dem so genannten Zauber-Saal und andern denck-würdigen Sachen in Walckenried.

[193] In dem Closter Walckenried ist über dem Münchs- oder Creutz-Gange ein Saal, welchen man den Zauber-Saal nennet, weilen sich darauff, zu der Zeit, da noch daselbst eine weit-berühmte Schule gewesen, nachfolgende wunderliche Sache mit einem Knaben oder Schüler zugetragen hat, nemlich: Es ist einesmahls an gedachtem Ort von denen Knaben zur Lust ein Zeichen geleget worden, um zu versuchen, wer unter ihnen darüber und am weitesten springen könne, indem nun solches geschiehet, träget es sich zu, daß ein Knabe, so, dem Bericht nach, von Ellrich soll bürtig gewesen, und mit Nahmen Damius geheissen haben, darüber auff einen gewissen Platz springet, und nicht wieder davon kommen kan, es mögen denselben auch die mit-spielende Knaben reissen und zerren, wie sie wollen; dieserwegen zeigen etliche derselben solches dem Rectori an, welcher denn kömmet, und den Knaben noch unbeweglich antrifft, kan ihm aber so wenig als die Knaben helffen, es fället ihm aber bei, daß solches von einer zauberischen Beschwerung herrühren müsse, und saget dem Knaben: er solle fleißig um sich schauen, ob er etwa eine Schrifft oder[193] Zeichen erblicken könne, welches der Knabe thut, und wird über sich einen Circul gewahr, siehet auch an der steinern Wand nach Osten eine Griechische Schrifft, gegen Süden aber etliche Characteres, stehen, welches er theils herlesen, theils beschreiben muß, woraus der Rector verstehet, daß in der Mauer ein Schatz verborgen sei, und derjenige welcher zu der Zeit, da solches geschehen, mit seinen Füssen den auff die Erde gemachten Punct berühren würde, die Schrifft sehen, und das Verborgene offenbahren solle; so bald der Rector dieses verstehet, wird der Knabe wieder los, und gehet aus dem beschwornen Circkel heraus, wohin er will. Hierauff zeiget der Rector solches an, da denn nach dessen Anweisung gesuchet, und ein steinern Geschirr mit Gelde eingemauert gefunden wird. Solches Geld soll sehr dünnes Schlages, auch so groß als ein Orts-Thaler gewesen sein, und hat man dasselbe hernach mit dem Geschirr Hertzog Christian Ludwigen, Christ-mildester Gedächtniß, nach Zelle übersendet. Der Ort, wo solcher Schatz gestanden, wird noch diese Stunde denen Curiosis gezeiget, und ist ein viereckichtes auff gedachtem Saale in die Mauer gemachtes Loch, welches mit Steinen so wohl gefüget ist, daß man solches mit andern Steinen künstlich hat zuschieben, und mit Kalck überstreichen können. Ob aber das in diesem Loche gefundene und mit Geld angefüllte Geschirr, ein Topff, oder, wie einige wollen, ein Kästlein gewesen, muß man dahin gestellet sein lassen, zumahl, da solches nichts zur Sache thut. Auff diesem Zauber-Saale ist Ao. 1687 Herr Doctor Weitz, Hoch-Fürstlicher Sächsischer Raht, Leib-Medicus und Bürgermeister zu Gotha, mit einigen andern gegangen, um daselbst aus Curiosität die Metall-Ruthe zu gebrauchen da sie denn nicht weit von gedachtem Loche starcke Züge der Ruthe angemercket, haben aber, wegen grossen Schreckens, so ihnen allen ankommen, ablassen müssen, denn es am hellen Tage etwas dunckel um sie geworden, und ob gleich keiner den andern feig gemachet, sind sie doch alle erblasset gewesen, derowegen sie sich bald wieder in Sicherheit gerettet, alwo sie einander fast gleichförmig erzehlet: daß jedem gewesen, als wäre ein Wind durch ihn hingegangen, und sie mit den Haaren biß an die Decke gezogen worden, wie solches[194] Herr Samuel Reiherus, J.C. und Mathematum Professor zu Kiel in Holstein, in seiner Dissertatione Juridico-Philosophica de nummis quibusdam ex Chymico metallo factis cap. 36 § 20 pag. 135 & seq. aus Herrn Doct. Weitzens Epist. anführet. Diese Historie stärcket den gemeinen Mann in seinen von diesem Saal annoch habenden Gedancken, als welcher gäntzlich davor hält: daß noch mehr von denen München mit gewissen Beschwerungen eingemauerte Schätze darauff vorhanden sein müssen, weilen es gemeiniglich alhier nicht gar zu richtig sei, und der Teuffel offtmahls sein Spiel daselbst habe. Ferner ist in dem Closter Walckenriedt im Creutz-Gange nach der Kirche der Meister der erstmahligen Tinctur, mit allen Figuren in kleinen Thieren, als Tauben etc. Lilien und dergleichen unter 5 Bögen zu sehen, so sehr rar ist, und weil es noch ziemlicher massen in seiner natürlichen Farbe stehet, da das andere fast alles ruiniret worden, so hält solches hochgedachter Herr D. Weitz, am vor angeführten Ort, § 30 p. 137 vor ein recht fatales Werck. Dieserwegen halten etliche davor: daß vor Alters Basilius Valentinus, unter dessen Nahmen viele berühmte Chymische Schrifften gedruckt worden, sich in diesem Closter auffgehalten habe, und wollen sie durchaus nicht zugeben, daß gedachter Basilius ein nomen fictitium oder falscher erdichteter Nahme von dem Griechischen Wort Basileus, das ist auff Teutsch, ein König, sei, massen er ein geistlicher Ordens-Mann aus dem Unter-Elsaß bürtig gewesen, wie nechst andern der Filius Sendivogii im 3. Principio de Sale, und er selbsten in seinem Tractätlein de Rebus Naturalibus & Supernaturalibus bezeuge. Dieses ist auch die Ursache, daß etliche vermeinen: wie der vor besagte auff dem Zauber-Saale gefundene Schatz kein Geld, sondern der Lapis Philosophorum, oder der Stein der Weisen, gewesen sei, welchen der Rector heimlich geholet, und sich damit, alle seinen Haus-Raht im Stich lassend, fort gemacht habe, woran aber doch viele zweiffeln, und das erste vor wahrhafftiger halten wollen. Sonst kan man auch in diesem Closter an vielen Orten die Wahr-Zeichen sehen, wie in dem vorigen Bauren-Kriege A.C. 1525 die auffrührischen Flegel-Fechter und Dorff-Materialisten gehauset haben, dessen Haupt[195] und Führer Hans Arnold, ein Schäffer von Barthelfelde, gewesen. Dieser verwegene Mensch hat sich nicht gescheuet, zu dem damahlige Graffen von Hohnstein zu sagen: Siehe Bruder Ernst, den Krieg kan ich führen, was kanst du? darauff aber gedachter Herr weislich geantwortet: Ei Hans, bis zufrieden, das Bier ist noch nicht in dem Fasse, darinn es gähren soll, welches auch erfolget ist, massen denen Rädels-Führern, nach der vor Franckenhausen auff dem, dieserwegen so genannten, Schlacht-Berge ergangenen blutigen Schlacht, die Köpffe von dem Hencker abgeschmissen worden, und wäre es dem armen von ihnen verführten Hauffen nicht besser ergangen, wenn nicht Balthasar von Sundhaussen, damahls E.E. Rahts zu Nordhausen bestallter Ritt-Meister, vor dieselben sonderlich gebethen, und der Graff dessen Bitte gnädig angenommen hätte, sagende: Sundhausen, du hast heute geredt wie ein ehrlich Mann, dein Wort soll Ehre haben. Worauff sie zusammen los gelassen, und mit Gelde sehr gnädig bestraffet worden, als heutiges Tages wohl schwerlich geschehen würde, wie Eckstormius in seiner Lateinischen Walckenriedischen Chronica unter dem 4. Seculo p. 200 & seq. meldet.

Quelle:
Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa oder Curiöser Hartz=Wald [...], Nordhausen 1899 [Nach der Ausgabe Nordhausen 1703], S. 193-196.
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