VII. Von dem Rolands-Bilde zu Nordhausen.

[198] An der nach dem Marckt zu gehenden Ecke des Nordhäusischen Raht-Hauses stehet gegen E.E. Rahts Wein-Keller über unter einem mit Kupfer bedeckten Deckel oder Thürmlein die Statua Rulandi, oder der so genannte Roland, welcher ein grosses von Holtz in Mannes-Statur verfertigtes Bild ist, daß auff dem Haupte eine vergüldete Crone hat in der rechten Hand aber über sich ein Schwert, zur Anzeigung der Gerechtigkeit, trägt, und in der lincken den Reichs-Adler, damit die Freiheit anzuzeigen, hält. Dieses Rolands-Bild soll der erste Teutsche Käyser, Carolus Magnus, seinem Schwester-Sohne dem tapfferen Held Pfaltz-[198] Graff Roland, zu einem sonderbahren Ehren-Gedächtniß alhier, zu Halberstadt und andern Orten mehr, haben auffrichten lassen, als derselbe im Heim-Zuge aus dem Saracenischen Kriege in Gasconien schändlich mit seinem Krieges-Heer verrathen und geschlagen worden. Es will aber solches unter andern Martin Zeillerus im andern Theil seiner Episteln Ep. 351 p. 177 nicht zugeben, vermeinende, daß eine solche Rulands-Säule nicht vor des Rulandi, sondern vielmehr vor des Käysers Caroli Magni eigene Abbildung zu achten, und nicht anders als ein Weich-Bild sei, durch welches angedeutet werde, daß daselbst eine Mahlstatt vorhanden, da man frei und öffentlich das Käyserl. Gerichte halte, massen Ruland so viel als Rügeland hiesse, weilen es von dem alten Teutschen Wort Rügen herkomme, welches bei denenselben so viel als Gericht halten bedeutet habe, wie man denn auch noch an etlichen Orten Teutsch-Landes Rüge-Gerichte anstelle, und sei im Herzogthum Würtenberg geordnet, daß alle Bürger jährlich auff einen gewissen Tag zu dem Rüg-Gericht beschieden würden, und ein jeder absonderlich, bei seinem Bürger-Eide erinnert werde: alles dasjenige, was er Straff- und Rügbar wisse anzuzeigen, welchen Streit ich denenjenigen, die davon Profession machen, zu decidiren oder beizulegen überlasse, dabei aber bekenne: daß die Crone, so das Bild auff dem Haupte trägt, Ursach zu zweiffeln macht, daß solches den Rulandum præsentire, indem dieselbe niemal ein Ornamentum oder Zierde eines Pfaltz-Grafens, wohl aber eines Käysers und Königs gewesen, und jetzund noch ist. Von diesem Rolands-Bilde machet sich der gemeine Mann alhier die wunderlichen Gedancken: als ob die Freiheit dieser Käyserlichen Reichs Freien Stadt Nordhausen verlohren gienge, wenn dasselbe in Stücke zerhauen, oder auff eine andere Art ruinirt würde, denn solche Freiheit nicht auff dem Rolande, sondern auff denen von Ihr. Käyserl. Majestät dem Grossen Leopoldo I., unserm Allergnädigsten Käyser und Herrn, den 12. Maji A. 1695 confirmirten Privilegiis beruhet, die ohne dem nicht alle von dem Carolo Magno, sondern mehrentheils von denen nachfolgenden Teutschen Kaysern herrühren. Sonst begeben sich zu Zeiten bei diesem Bilde kurtzweilige Schwäncke, indem einige Spötter denen Einfältigen,[199] welche dasselbe niemals gesehen, aus Schertz vorschwatzen, wenn man zu demselben sage: Roland! was machest du? so antworte derselbe: Nichts; weilen sie nun diesen Wort-Betrug nicht verstehen, und den Roland auff solche Art anreden, so werden dieselbe von denenjenigen, welche darzu kommen, und es mit anhören, grausam ausgelachet, insonderheit wenn sie noch darzu ein Stücke Holtz in die Quer ins Mauel nehmen, und dabei solche Worte aussprechen, wie vor weniger Zeit von einem ziemlich grossen Bauer-Jungen geschehen ist.

Quelle:
Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa oder Curiöser Hartz=Wald [...], Nordhausen 1899 [Nach der Ausgabe Nordhausen 1703], S. 198-200.
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