Sechster Auftritt

[12] Die Vorigen. Faust.

Zwei Bedienten bringen Säcke mit Geld. Er nimmt einen davon, und legt ihn auf den Tisch.


FAUST. Hier bring ich, was graue Haare schwarz färbt, was den Lahmen schön gewachsen, den Dummkopf zu einem Aristoteles macht. Hier liegt das Gegengift gegen Trübsinn, gegen Schwachheit, gegen Mangel, gegen taufend Dinge, die uns hienieden ritzen wollen. Weib, freue Dich, wir sind künftig unabhängig, wie die Götter! Wagner, freue Dich, Dein Freund hat gesiegt. O die Rache ist süß, was auch Sokrates, was auch Christus, und unsere neuern Philosophen sagen mögen.

WAGNER. Ich glaubte, die Empfindung der Rache erstürbe in dem Busen des Siegers.

FAUST. Vielleicht mit der Zeit; jetzt muß ich sie noch erst etwas genießen. Es ist süß, reich zu werden, aber es auf diese Art zu werden, das ist die rechte Würze der Freude! Wie er schäumen, wie er toben mag, der stolze Rochus! Hönisch, und als wenn er mit ihm spräche. Ich bedaure Dich, armer Rochus! Aber es war so vom Schicksal bestimmt.[12] Du solltest etwas gedemüthigt werden; und es mag Dir wol recht gesund seyn. Ha, ha, ha! Wir haben die Rollen vertauscht; was ich war, das bist Du geworden. Es thut mir recht leid um Dich. Sieh, Du hast nun nichts weiter, als was Dein Amt Dir einbringt, und mußt von der Gnade des Königs leben. Armer Rochus! Aber was sprudelst Du so? Aergerts Dich? – Nicht wahr Weibchen, es ist eine süße Empfindung, seinen Feind zu bedauren?

MARIANE. Vielleicht, lieber Mann, wenn es Ernst damit ist. Aber das, was bei Dir die Würze unsers Glücks zu seyn scheint, verbittert mir dasselbe etwas: die Wuth des stolzen Rochus.

FAUST. Das macht, weil du frommes Ding alle natürlichen Empfindungen des Menschen in Dir erstickt hast, und nur das fühlst, was Du nach Deinem Gesangbuch, und nach Deinem Katechismus fühlen sollst. Glaube mir, das Toben und Wüthen eines besiegten Feindes ist die reizendste Musik.

WAGNER. Aber oft nur auf Augenblicke. Sie kann sich leicht in einen unangenehmen Misklang auflösen.

FAUST. Stimmst Du auch in diesen trübsinnigen Ton ein? Nein, den muß ich vertreiben. He[13] Rudolph. Stampft mit dem Fuße. Aber wißt ihr, warum ich so wütend freudig bin? Ich habe eben den Rochus gesehen, und er hat einen Blick auf mich geworfen, als wenn er Leih und Seele damit tödten wollte. Das hat mich wieder so in Feuer gesetzt. Der Bediente kömmt. Die Schüssel mit Austern und drei Bouteillen Champagner! Der Bediente ab. Komm Wagner, komm Weibchen! Ihr sollt beide bald meiner Meinung seyn! Der Champagner erstickt den Pfaffenglauben, und macht die Menschen wieder zu Menschen. Führt sie beide an der Hand ab.


Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 12-14.
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