Eilfter Auftritt

[75] Zimmer in Fausts Hause.


FAUST allein, geht unruhig umher. Ich muß es zu Ende bringen, oder es bricht mir das Herz. Sie ist nun genug vorbereitet. Noch einige heiße Augenblicke, und es ist vorüber. Muth, Faust! Ich muß so handeln. Mein ganzes Lebensglück steht auf dem Spiele. Soll ich es verlieren? Was soll einer Frau ein Mann, dessen Herz sie nicht mehr besitzt? Ich muß mich trennen von ihr, das ist Pflicht. Sie selber gewinnt dabei, denn wie unglücklich würde sie von nun an bey mir seyn. Um ihretwillen muß ich mich von ihr trennen. Mariane tritt ein.

MARIANE. Du hast mich rufen lassen?

FAUST. Ich habe Dich rufen lassen, um Dich zum letztenmal zu sehen.

MARIANE. Zum letztenmal?

FAUST. Ja, Wenn wir uns zum letztenmal sehen, so wird die Trennung uns um so leichter.

MARIANE. Trennung?

FAUST. Ja, Mariane, wir müssen uns trennen; unser beider Glück fordert es.

MARIANE. Wohin deutet dies? Welch ein[75] Dämon hat Dein Herz erfüllt? Mit gefalteten Händen umhergehend. Es ist also wahr, es ist keine fürchterliche Einbildung, die mich quält, ich erblicke die schauderhafte Würklichkeit! Sich umwendend. Von einem Weibe willst Du Dich trennen, das neunzehn Jahr friedlich mit Dir lebte? Und das so grundlos?

FAUST. Du hast einen andern gefunden, der Dir gefällt, und –

MARIANE. Nein, Faust, kein Wort weiter! Dies greift mir zu tief ans Herz. Verstoße mich, lebe mit einer andern, aber bürde mir nichts auf, woran mein Herz nicht dachte!

FAUST. Du machst es mir sehr schwer, was zu unser beider Wohl ist. Hast Du mich denn lieb?

MARIANE. Diese Frage kann ich Dir jetzt nicht beantworten, da mein Herz gebrochen ist.

FAUST. Wenn Du mich lieb hast, so zeige es! Ich werde hinfort höchst unglücklich mit Dir seyn, Du mit mir, wohlan, wir wollen diesem entgehen, wir wollen uns trennen.

MARIANE. Und unsre Kinder?

FAUST. Ich will für sie, ich will für Dich sorgen; Dir soll nie etwas mangeln. Nur Trennung, Trennung!

MARIANE. Kömmt dies aus der Tiefe Deines Herzens, und ist es unwiderruflich?[76]

FAUST. Unwiderruflich! Ich kann nie wieder glücklich mit Dir seyn, nie!

MARIANE. Wohlan, so sey es mit einer andern! Ich will diesen bittern Kelch trinken, ich will mein Leben im Stillen verweinen. Ich küsse meine Kinder noch einmal, und verlasse Dein Haus. Auch sollst Du unsre Trennung nicht erzwingen, nicht erkaufen durch Geld; ich will sie Dir leicht machen. Geh, und sage, daß unüberwindliche Abneigung von beiden Seiten uns scheide, und die Gerichte werden Deinen Willen thun. Ab.

FAUST allein. Es ist ein großes, edles Weib! Nur Paulina konnte sie verdrängen, nur Paulina! Gottlob, daß es überwunden ist! Sey ruhig mein Herz! Ich will sie glücklich machen, ich will sie mit Wagnern verheirathen. Und nun Eile, Eile, daß es vollendet werde! Ab.


Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 75-77.
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