Zwölfter Auftritt

[77] Wagner. Rudolph.


WAGNER im Hereintreten. Komm Rudolph, hier sind wir allein; ich will mit keinem andern reden, als mit Dir.[77]

RUDOLPH. Es muß etwas Wichtiges seyn; Sie sind sehr unruhig.

WAGNER. Nicht wahr, Rudolph, Du hast Deinem Herrn von Jugend auf gedient?

RUDOLPH. Ja, das habe ich.

WAGNER. Du weißt auch um manche von seinen Geheimnissen, und darfst treuherzig mit ihm reden.

RUDOLPH. Ja das darf ich, und er hatschon oft stundenlang mit mir gesprochen.

WAGNER. Hättest Du wohl das Herz, ihm eine Hiobspost zu bringen?

RUDOLPH. Eine Hiobspost? Ach, das würde ich ungern thun; er ist jetzt ohnedieß so wunderlich, wie er noch nie war.

WAGNER. Aber es muß seyn, er muß es wissen.

RUDOLPH. Was ist es denn? Wenn es nur nicht gar zu schlimm lautet.

WAGNER. Es lautet sehr schlimm. Der Sachwalter des Rochus, dessen Vermögen an Deinen Herrn gekommen ist, hat ein verlohrnes wichtiges Document in seiner Sache wieder gefunden, will den Prozeß von neuem anfangen, und hofft, ihn nun zu gewinnen.

RUDOLPH. Ach, daß Gott erbarm! Nein,[78] das kann ich ihm nicht sagen, und wenn Sie mich todt machen wollten.

WAGNER. Aber er wird es ja doch erfahren. In kurzem werden es ihm die Gerichte bekannt machen, und vielleicht läßt sich noch etwas vorbeugen.

RUDOLPH. Nein, ich kann es ihm nicht sagen! Er wird wahnsinnig, wenn er es hört; denn er ist es jetzt schon halb. Ich kann nicht, ich kann nicht! Ab.

WAGNER. Ich auch nicht. Alles will ich für einen Freund thun, nur keine unglückliche Bothschaft ihm hinterbringen. O Faust, Faust! Es ist, als wenn ein böser Geist mit einem guten um deine Seele gewürfelt, und sie ihm abgenommen hätte. Ab.


Ein scharfes Sausen erschallt, und nachher hört man ein Hohngelächter Satans.


Ende des zweiten Acts.
[79]

Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 77-80.
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