Erster Auftritt

[122] Die Hölle. Satan. Der Herold.


SATAN. Ich habe vollbracht, was ich beschloß. Der Sterbliche ist unser, wie noch nie ein Sterblicher unser ward. Sieh, hier ist die Unterschrift seines Namens mit Blut.

DER HEROLD. Welch eine That! So lange Du in diesen Bezirken herrschest, sah die Hölle sie nie.

SATAN. Nein, warlich nicht! Und ich vollbrachte noch mehr. Zischt mit einem durchdringenden Tone worauf der Schatten des Rochus zitternd hervortritt. Sieh, diesen gebrandmarkten Schatten hat mein Verbündeter mitten in seinen Greueln ermordet, und hieher gesandt.

DER HEROLD. Ein zwiefacher Triumph! Aber ein so erhabner Geist, als Du bist, Satanas, vollbringt nichts Alltägliches.[122]

SATAN. Vernimm weiter. Der Sohn dieses Verdammten liegt an Ketten unter den Rasenden, und seine Tochter ist mit seinem Mörder vermählt.

DER HEROLD. Das ist entzückend anzuhören. Großer Satanas, Deine bloßen Worte sind die herrlichste Musik für die Bewohner der Hölle.

SATAN. Und wähnst Du, dies sei alles? Höre, was die Blutsverwandten meines Verbündeten geworden sind. Sein ehemaliges Weib, über die keine Anfechtung etwas vermochte, schmachtet getrennt von ihm in banger Einsamkeit, und in herzfressendem Gram. Seine Tochter ist geschändet, und sein Sohn an Leib und Seele von Wollust vergiftet.

DER HEROLD. O Satanas, wer vermögte Worte zu finden, Deine Thaten genug zu rühmen?

SATAN. Geh nun, verkündige dies alles der Hölle, und sende mir Gog her!

DER HEROLD. Ich gehorche Deinen Befehlen. Fährt hinweg.

SATAN zu dem Schatten des Rochus, der unaufhörlich zittert. Bebst Du nun? Du wirst noch lange beben. Die Ewigkeit ist lang. Ein Hohngelächter. Hebe Dich hinweg aus meinem Antlitz! Der Schatten versinkt mit Geheul. Gog kömmt herbeigeschossen.[123]

GOG. Was befiehlt Deine Majestät?

SATAN. Du weißt, was ich jüngst den Fürsten der Hölle, und meinen übrigen Getreuen versprach. Ich habe es gehalten, ich habe einen Bund mit einem Sterblichen gemacht, und Du bist nun von mir ersehen, anstatt meiner diesem Sterblichen zu dienen.

GOG. Wie glücklich machst Du mich, Satan, wie ruhmvoll ist es, in Deine Fußtapfen zu treten!

SATAN. Erscheine ihm, wenn er Hephata Gehenna ruft, vollbringe seinen Willen, und schmeichle jeder seiner Launen! Du weißt, wie er einst dafür büßt. Unter meiner Würde ist es, mich einem Sterblichen allein zu widmen. Du, Gog, kannst Ruhm auf dieser Bahn erwerben.

GOG. Das will ich, Satan; alle meine Kräfte will ich versammlen, Dein würdiger Nachfolger zu seyn.

SATAN. Ich kehre zur Oberfläche der Erde zurück, um mit Magog die verlöschende Flamme des Krieges wieder anzublasen, mit Belial die peinliche Gerechtigkeit noch peinlicher zu machen, mit Abdon Hunger und Elend zu erschaffen, und mein eignes Werk, die Vergiftung der Freiheit, zu vollführen;[124] das sind meiner würdige Geschäfte! Dir überlasse ich unsern Verbündeten.

GOG. Ich nehme ihn mit Freuden an, um bis zum letzten Augenblick über ihn zu wachen.

SATAN. Merke wohl auf, was ich Dir noch gebiete. Wenn ein feuriger Strahl aus seinem Haupte hervorbricht, wenn eine zischende Schlange bei ihm vorüber zieht, und ein Donnerschlag darauf folgt, dann ist die Stunde seines Todes nah, dann eile, mir dies zu verkünden. Ich will ihn selber im Triumph in den Abgrund führen.

GOG. Dein Befehl soll mir heilig seyn, und ich schwinge mich zur Erde, mein neues Geschäft zu beginnen. Beide fahren hinweg.


Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 122-125.
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