Zweite Verwandlung

[155] Das ruhige Meer bis zu weiter Entfernung. In der Nähe und Weite fahren Schiffe vorüber. Faust und Gog treten auf.


FAUST. Der Anblick gefällt mir; er gießt Ruhe in meine stürmische Seele. Hier will ich mich lagern. Legt sich nieder. Sieh, Gog, dies weite Meer gleicht dem menschlichen Leben, und die Schiffe darauf sind die armen Sterblichen. So lange es ruhig bleibt, gleiten sie sanft dahin; aber wenn der Ewige haucht, so fahren sie fürchterlich auf und nieder.

GOG. Auch wenn wir hauchen.

FAUST. Sohn des Elends, entflamme mich nicht von neuem; ich will ruhig seyn. – Sage mir, findest Du kein Vergnügen an dieser schönen Scene?

GOG. Ja, ich finde Vergnügen daran.

FAUST. Wohl, das freut mich. Aber fühlst Du auch wie ein Mensch? Sprich, was gefällt Dir bei diesem feierlichen, majestätischen Anblick?

GOG. Das ein Abgrund darunter ist.

FAUST springt auf. O Du entsetzliches Wesen, Du Teufel in jedem Augenblick! –

GOG. Habe nur Geduld! Mein Genuß an[155] diesem Orte wird bald beginnen. Ein Sturm wird sich erheben, und ein Schiff unter Jammergeschrei und Todesangst der Menschen an dieser Küste untergehen.

FAUST. Scheusal, ich will den traurigen Anblick nicht sehen! Führe mich in einen Wald, wo ich mich sammeln kann.

GOG. Seltsamer Mensch! Nun will er mir selber meinen Genuß nicht gönnen. Komm Veränderlicher! Führt ihn hinweg.

Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 155-156.
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