Vierte Verwandlung

[159] Ein weites reizendes Gefilde mit Bächen, Bäumen, Gebüschen und Thieren aller Art. In der Mitte steht ein größerer Baum, als die übrigen, mit schimmernden Früchten. Eine Schlange sitzt in seinen Zweigen. Das Gefilde erhebt sich terrassenmäßig. Faust und Gog treten auf.


FAUST. Warlich, das ist paradisisch! In diesen Gefilden möchte ich mein Leben vollbringen.

GOG. Es war das Werk der Hölle, daß die ersten Menschen es nicht thaten, und ist jetzo ihr Hohngelächter.

FAUST. Schweig, Verworfner, und sprühe Deinen Gift nicht im Angesichte des Paradieses aus! Ich will diesen Anblick rein und in seiner ganzen Kraft genießen. Setzt sich auf einen Rasenhügel. Gog lehnt sich an einen Baum.


Adam tritt mit dem Ausdruck der Freude und des innern Glücks pantomimisch auf. Er schaut entzückt umher; breitet die Arme gen Himmel, und lagert sich endlich auf eine Rasenbank. Ein Löwe kömmt, mit ihm zu spielen, und leckt ihn. Mehrere Thiere versammeln sich um ihn.

Eva erscheint pantomimisch mit gleichem Ausdruck

des Entzückens. Sie beginnt den Baum, worin die[159] Schlange sitzt, lüstern anzuschauen, und geht voll Verlangen um ihn herum. Die Schlange deutet ihr durch Zeichen an, daß sie von den Früchten nehmen soll. Eva streckt einigemal die Hände darnach aus, bebt aber immer wieder zurück. Endlich bricht die Schlange eine Frucht ab, und giebt sie ihr. Eva naht sich damit ihrem Manne, zeigt ihm, woher die Frucht sey, und bricht sie aus einander.


FAUST. Ewiger, gieb es nicht zu! Eine Unendlichkeit von Jammer, von Verzweiflung hängt daran!


Adam steht auf. Sie bietet ihm die Frucht dar, vor welcher er aber zurück flieht. Sie dringt starker in ihn, und endlich nimmt er sie. Die Schlange giebt ihre Freude zu erkennen. Eva ißt, und Adam folgt ihr. Bald darauf werden sie unruhig, schauen voll Verwirrung umher, und schämen sich vor einander. Beide beginnen Blätter von den Bäumen zu reißen, und machen sich einen Gurt daraus. Sodann sehen sie sich einander voll Begierde an, und umarmen sich heftig. Ein Engel erscheint mit einem flammenden Schwerdt, droht ihnen, und treibt sie vor sich her aus dem Paradiese. Sie gehen unter Händeringen, und Zeichen der Bekümmerniß ab. Ein Sturm erhebt sich, und das Paradies verwandelt sich in eine weite Oede.
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FAUST. Trefflich vorgestellt! O ich wußte es schon: was den Sündenfall betrifft, da seyd ihr Teufel zu Hause. Es ist ja euer erstes und größtes Werk. – Nun bist du hinausgestoßen aus deinem Paradiese, unglückliches Paar, und mit dir dein ganzes Geschlecht aus seinem Himmel! – Mit diesem Gefühle will ich in meine Heimath zurückkehren. Gog, führe mich dahin! Gog führt ihn hinweg.


Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 159-161.
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