Sechster Auftritt.

[76] Brand. Dann Schlicht.


BRAND auf dem Strohlager liegend. Er ist fort – freilich, er mag nicht so lang in schlechter Gesellschaft sein – sonst[76] sprechen die andern Lehrjungen nicht mehr mit ihm! Komm her, Fläschchen – Er stellt die Flasche an sein Lager. und wenn ich munter werde, gleich wieder ein Schlückchen obenrin, da träumt mir von meiner Seligen, von vergangenen glücklichen Reiten und von meiner – Er richtet sich auf und sieht Schlicht. Was ist denn das? – Ein fremder Mann?

SCHLICHT. Guten Abend, lieber Freund!

BRAND. Was? – Freund? – Ich habe keinen Freund!

SCHLICHT. Ich habe Ihnen frohe Botschaft zu bringen. Fassen Sie sich und vernehmen Sie: – Die gänzliche Schuldlosigkeit Ihrer Tochter hat sich herausgestellt und ich, ihr Verteidiger, der Rechtsanwalt Schlicht, werde aus Grund dieser Erklärung ihrer frühern Herrschaft Er zeigt ein Papier. die vollständige Freisprechung Ihrer Tochter Agnes erwirken.

BRAND. Sie – hören Sie – halten Sie nicht Bettelleute zum besten –

SCHLICHT. Zweifeln Sie nicht länger, lieber Mann – es ist so, und Madame Quisenow hat sich bereit erklärt, Ihrem Kinde eine vollkommene Genugtuung zu geben.

BRAND. Was, meine Agnes ist – sie hat nichts verbrochen? – ein anderer – mein Kind – wo ist mein Kind? Wo ist meine Agnes?

SCHLICHT. Kommen Sie, Sie sollen Zeuge des öffentlichen Triumphes sein, den Ihre Tochter heut' noch feiern wird.

BRAND. Wo ist sie, wo ist sie?

AGNES erscheint in der Tür.


Quelle:
O.F. Berg und D[avid] Kalisch: Berlin, wie es weint und lacht. Leipzig [o.J.], S. 76-77.
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