Leben Tod, Tod Leben

[98] Nur ein Tod ist dieses Leben,

Nichts als eine Grabesbahn.

Wann zu leben wir anheben,

Fahen wir zu sterben an.

Unser Tod ist jede Noth,

Die uns wünschen macht den Tod.

Von des Leibes Knochenwagen

Wird die Seele fortgetragen.


Tod, du giebst das rechte Leben,

Dies hier ist der wahre Tod.

Himmelauf, dahin wir streben,

Holst du uns, du lieber Both'!

Den du führest bald zur Ruh',

Dessen bester Freund bist du.

Schneller Tod ist kein Verderben,

Gottgeliebte fertig sterben.
[99]

Christen wie der Phönix sterben,

Werden lebend in dem Grab.

Wer im Sternenhaus will erben,

Muß die Erde legen ab.

Wann die Sonne eilt der Ruh'

In den Wintertagen zu,

Sie läßt nach dem Untergehen

In der andern Welt sich sehen.


Jesus hier mit seinen Lieben

Aus dem todten Leben eilt,

Und mit ihnen, ohn' Verschieben,

Seine Himmelsfreude theilt.

Fahre, spricht er, hin, mein Boot!

Führ' mir diese aus dem Tod!

Laßt den todten Leib verderben!

Hört er doch nur auf zu sterben.

Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 5, Hildesheim 1964.
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