Am Sonntag Misericordias Domini


Christi und seiner Christen Wechsel-Kundschaft

[85] Nach der Singweise: Jesu, der du meine Seele.


1.

Hüter du der Menschenheerden,

Jesu, treuer guter Hirt!

Laß mich auch dein Schäflein werden,

Das dein Stab und Stimme führt.

Ach du hast aus Lieb dein Leben

Vor die Schafe hingegeben,

Und du gabst es auch vor mich.

Laß mich wieder lieben dich.


2.

Heerden ihren Hirten lieben,

Und ein Hirt liebt seine Heerd.

Laß uns auch so Liebe üben,

Du im Himmel, ich auf Erd.

Schallet deine Lieb hernieder,

Soll die meine schallen wieder.

Wann du ruffst: ich liebe dich,

Ruff mein Herz: dich liebe ich.

3.

Schafe ihren Hirten kennen,

Dem sie auch sind wohlbekandt.

Laß mich auch nach dir nur rennen,

Wie du kamst zu mir gerannt,

Als des Höllen-Wolfes Rachen

Eine Beut aus mir wolt machen.

Ruffest du: ich kenne dich,

Ruff ich auch: dich kenne ich.


4.

Heerden ihren Hirten hören,

Folgen seiner Stimm allein:

Hirten auch zur Heerd sich kehren,

Wann sie blöken groß und klein.

Laß mich hören, wann du schreyest,

Laß mich lauffen, wann du dräuest;

Laß mich horchen stäts auf dich:

Jesu, höre du auch mich.


5.

Höre, Jesu, und erhöre

Meine, deines Schäfleins, Stimm.

Mich auch zu dir schreyen lehre,

Wann sich naht des Wolfes Grimm.

Laß mein Blöken dir gefallen,

Deinen Trost herwieder hallen.

Wann ich bitte: höre mich,

Jesu, sprich: ich höre dich.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 5, Hildesheim 1964, S. 85.
Lizenz:
Kategorien: