Am Sonntag Quasimodogeniti


Jesus, die Freuden-Sonne

[84] Nach der Singweise: Werde munder, mein Gemüte.


1.

Trauren, Jesu, hatt ümgeben

Deiner Jünger treues Herz,

Weil du warest todt, ihr Leben:

Ungemessen war ihr Schmerz.

Bald diß Leid von ihnen wich,

Als sie wieder sahen dich;

Als du aufgiengst, ihre Sonne,

Wurden sie voll Freud und Wonne.
[84]

2.

Oft du mir auch untergehest,

Oft scheinst du mir todt zuseyn;

Oft du ferne von mir stehest,

Lässest, Jesu, mich allein,

Daß der Trübsal schwarze Nacht

Üm mich alles dunkel macht.

Ohne dich, du meine Sonne,

Stirbt mir alle Freud und Wonne.

3.

Bald so geht die Nacht vorüber

Und mich grüst das güldne Liecht,

Das mir dann ist desto lieber,

Weil ich lang es sahe nicht.

Aller Unmut sich begräbt,

Wann mein Leben wieder lebt.

Mit dir, Jesu, meine Sonne,

Kommt mir wieder Freud und Wonne.


4.

Jesu, wann du bist entwichen,

Wann ich dich verlohren hab,

Sey mir nicht zulang verblichen,

Lig mir nicht zulang im Grab.

Laß die Karwoch voller Pein,

Laß sie bald vorüber seyn:

Laß den Ostertag voll Wonne

Dich mir zeigen bald, O Sonne!


5.

Hier sich wechseln Leid und Freude,

Dunkel folget nach dem Liecht.

In der liechten Sternen-Heyde

Wird es niemals finster nicht.

Dorthin söhn' ich mich zu dir:

Jesu, hol mich bald von hier

Aus der Nacht zum Haus der Sonne,

Aus dem Leid zum Land der Wonne.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 5, Hildesheim 1964, S. 84-85.
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