116. Der Schatz auf dem Hohenkarpfen.

[84] Mündlich.


Die fahrigen Schüler wissen alle Schätze der Erde. So einer kam mal auf den Hohenkarpfen, ging von da nach[84] Seitingen, nahm ein paar vertraute Männer zu sich und sagte ihnen, es wäre jezt Zeit und Stunde gekommen, wo man den Schatz in dem Karpfen heben könne, wenn er nur zwei beherzte Männer hätte. Fand zwei solche, ging mit ihnen den Hohenkarpfen hinauf, um den Schatz zu heben. Durften nicht graben und nicht schaufeln, denn wo fahrige Schüler sind, öffnen sich ihnen die Schätze von selbst. Der Schatz that sich auf und lag vor ihnen; der fahrige Schüler öffnete die Kiste mit der Hand. Ein abscheulicher, kohlrabenschwarzer Pudel mit feurigen Augen, wie Pflugräder, sprang wie abgelassen die Kiste auf und ab: er schlug ihn aber kräftig hinunter. Jezt ist ein großer fürchterlicher Rabe von oben herabgefallen. Deßungeachtet nahm der fahrige Schüler 36 Kreuzer aus der Kiste heraus: mehr darf er nicht nehmen. Er hieß die beiden Bauern zugreifen, und wie sie dieses thun wollten, erschien über ihnen plötzlich ein ungeheurer Mühlstein, der an einem schwachen Stricklein hing, darauf der Teufel, der es mit mächtiger Scheere abzwicken woll te. Und, o des Schreckens! von der Ferne kam ein ganzer Haufe Leute in furchtbarem Sturme; sie schrieen, was sie konnten, und die beiden Männer vernahmen deutlich Stimmen bekannter Personen aus Hausen ob Verena. Die Schatzgräber zogen ein; es waren aber keine Leute von Hausen, sondern lauter Teufel. Die Erschrockenen eilten den Hohenkarpfen wieder hinunter und wollten von keinem Schatz mehr was wissen: starben allesammt in einem halben Jahre. Der fahrige Schüler habe den Berg hinunter bitterlich geweint und gesagt, die Männer wären jezt reich genug gewesen67.

67

Der Mühlstein kommt noch vor bei B. Baader, 2. Sammlg. S. 25.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 84-85.
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