206. Der feurige Fischer.

[134] Eriskirch und Markdorf. Von E. Meier in Wolfs Zeitschrift I. S. 439 und 440 mitgetheilt.


Früher sah man auf dem Bodensee zur Nachtzeit oftmals einen feurigen Mann, den man nur den »feurigen Fischer« nannte. Derselbe lief auf der ganzen Fläche des See's umher und neckte die Fischer, welche bei Nacht fuhren, und sezte das oft so lange fort, bis sie ihm ein Band oder ein gewobenes Seil zuwarfen und ihm zuriefen: »Fischer, hier hast du ein Bändel!« Dann kam er sogleich an's Schiff und nahm das Bändel oder Seil und zündete es an und soll manchmal gesagt haben: »so lang dies Bändel brennt, so lang darf ich ruhen von meinen höllischen Qualen.«

Man hat ihn an allen Orten, die am Bodensee liegen, schon gesehen. Da geschah es dann wol, daß die Spinnerinnen, die den feurigen Fischer auf dem See erblickten, ihm zuweilen einen lang und dick gesponnenen Faden zum Fenster hinaus hielten und ihm zuriefen. Augenblicklich stand er hinter dem Fenster und nahm den Faden, und wenn derselbe recht lang war, so schlug er ein helles Freudengelächter auf und begab sich wieder auf den See und zündete den Faden an.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 134-135.
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