222. Der Hagen und die Glocke in St. Georgen-Klosters Weiher versunken.

[142] Breuninger, Fons Danubii primus S. 360 u. 361.


Die Sach aber wird also erzählet: Es seye zu Sankt-Wendel eine schöne Glocke, mit Namen Susanna, gehangen. Diese gedachte man auf St. Georgen zu führen, um daselbst sich derselbigen zu bedienen; man brachte sie auch von dannen auff einem mit einem starken Hagen bespannten Wagen herüber biß auff den Spittelberg, ohnversehens brach etwas an dem Fuhrwerk, daß der Wagen mit der Glocken hinter sich den Berg hinunter gerumpelt und hart an dem Weyher stehen geblieben. Der erzürnte Fuhrmann führte den Hagen, so von dem Wagen loßworden, den Berg hinab, spannte von Neuem an und fieng an zu fahren mit festem Vorsatz, welchen er von sich hören lassen: die Glocke müsse hinauff, es seye Gott lieb oder leid! als er nun damit auff das höchste gekommen, seye der Wagen mit der Glocken plötzlich, ohnwissend, durch was vor einen Zufall wieder hinter sich geloffen, und in einem Sturm den Berg hinunter, über den Fahrweg hinaus, in den Weyher gestürtzet und habe zugleich den Hagen sammt dem Fuhrmann, welcher das Thier immer anhalten wollen, mit sich in die Tieffe gerissen, darinnen auch alles versunken, daß man das geringste darvon nicht mehr innen worden, ausser zu Behauptung der Wahrheit diser Geschicht, höre man alle Jahr in der Winter Frohn-Fasten bei nächtlicher Weil disen Hagen aus dem Abgrund brummen. Unnd es sollen vor alten Zeiten allerhand Leute in diesen Tagen sich bey unsrem Weyher eingefunden, und auff dieses Hagen Brummlen achtung gegeben haben. Ja[143] es lebte unter uns vor weniger Zeit ein gewisses altes Weib, welches eigensinnig war, zu behaupten, daß sie es selbst gehört hatte.

Von dieser Tradition heißt es weiter oben: worvon das Gerücht weit und breit, auch in ferne Länder sich ausgebreitet, wie dann vor Jahren manche frembde Kriegsleute nach diesem Weyher gefraget und versichert: daß sie von dem Wunder, welches sich darmit ergeben, in fernen Landen gehöret118.

118

Vgl. Schnezler I. 445.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 142-144.
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