421. Die Sage von Todris.

[272] Mündlich.


Wenn man von Rottenburg Seebronn zugeht, rechts an der Straße, wo, der Wendelsheimer Weg hereinläuft, etwa 1/4 Stunde von Rottenburg, ist »Todris«, d.h. St. Theodorichskapelle. Dort konnte man noch vor zwanzig Jahren ein Bild sehen auf der Männerseite, unter der Vorbühne. Der Platz um das Kirchlein war zu erkennen; unten am Stich (Erhöhung) lag der Teufel auf dem Boden und auf ihm eine zersprungene Glocke. Die Sage ist: Da, wo »Todris« steht, sei einst ein Bildstöcklein gestanden. Ein Wendelsheimer Bauer sei allemal, so oft er auf seine Felder in der Nähe fuhr, dahin und hätte sein Morgengebet verrichtet, die Engel haben aber unterdessen jedesmal seinen Acker gepflügt. Der Bauer beschloß, aus Dankbarkeit und aus Verehrung des Ortes ein Kirchlein zu bauen und dem hl. Theodorich zu weihen. So geschah es. Aber am Glockenthurm blieb er hängen, sein Geld reichte nicht mehr weiter. Er machte eine Wette mit dem Teufel, daß er ihm eine Glocke herschaffe; er müsse aber noch vor Ende der ersten hl. Messe da sein, so gehöre die erste Seele sein, die herauskomme. Der Teufel kam mit der Glocke über den Bodensee, wie ihm St. Petrus in der Luft begegnete, sie ihm entriß und in des See's Grund warf. Der Teufel fing an zu suchen, es entstand dadurch ein furchtbarer Sturm[272] auf dem Wasser; vergebens, er fand keine Glocke mehr. Es war schon spät; da fuhr er wie der Blitz gen Ravensburg und brachte die Glocke vom Mehlsackthurme nach »Todris«. Die hl. Messe war aus und aus lauter Aerger warf er die Glocke an den Giebel des Kirchleins, daß sie einen Sprung bekam, und wer es nicht glaubt, soll losen, wenn man läutet235.

235

Variante bei Meier S. 157. »Petrus und der Teufel im Kampfe« (Petrus und der Teufel hier an der Stelle alter Gottheiten) ist ein nicht unwichtiger Beitrag zur deutschen Mythologie.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 272-273.
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