462. Der Meßklingenschlapp.

[293] Mündlich.


Ist mal in Igersheim ein Mann gestorben, der nicht in gutem Geruche stand. Gleich beim Begräbniß, während Alles unten im Hofe stand, um seinen Leichnam abzuholen, habe er zum obersten Fenster herausgeschaut und die Leute brav ausgelacht. Von da an theilte er Leuten in seinem Hause Nachts Ohrfeigen aus, wie sie zur Stubenthür hinein und hinaus gingen. So trieb er sein Unwesen fort. Endlich[293] bannte ihn ein Priester in das Glas, aber bald war er wieder heraußen. Endlich beschwor man ihn in die sog. Meßklinge, zwischen Igersheim und Harthausen, tief in einen Eichenwald. Seitdem geht er dort um in feuerroter Jacke, thut Niemand was zu leid und heißt vom Volke nur der »Meßklingenschlapp«249.

249

Vgl. Stöber, els. Sg. S. 164. 165. Das Rotkäppel zu Barr. Der Geist im Kissel, Stöb. S. 288. Es kommt täglich da und dort noch im Volke vor, daß einer sagt und fest darauf beharrt, dieser oder jener Verstorbene schaue zum Kreuzstock heraus. Die Volkssage läßt Leute, die viel Böses auf dem Gewissen haben, auf solche Weise büßen. Vgl. Meier S. 122.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 293-294.
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