476. Erleuchtete Kapelle.

[300] Schriftlich.


In einem Kirchenbuch aus dem Neresheimischen heißt es vom Jahre 1711, es habe ein Mann auf dem Todbette sieben Gulden den Armen vermacht. Sein Weib war habsüchtig und wollte das nicht gelten lassen, klagte auch vor Gericht. Das Weib erhielt Recht, weil es an gesetzlichen Zeugen fehlte. Als bald darauf Abt Amandus auf die Gottesackerkirche wollte, um dort Messe zu lesen, fand er sie innen ganz erleuchtet, die Thüren verschlossen. Man holte den Meßner und beide gingen hinein, aber im Augenblicke waren alle Lichter wie weggeblasen und ringsum Alles dunkel. Der Abt fragte, ob vielleicht Jemand gestorben sei und ein Gelübde nicht erfüllt habe. Alsbald stellte sich's heraus.[300] Das Volk hat die Gottesackerkapelle oftmalen erleuchtet gesehen. Die geizige Frau hat das Vermächtniß erfüllt und von da an war die Kapelle nie mehr nächtlich erleuchtet.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 300-301.
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