5. St. Ulrichsbrunnen in Seibranz.

[407] Mündlich.


Unten im Dorfe ist der St. Ulrichsbrunnen. Vor Zeiten hatten die Seibranzer kein eigen Wasser. Die Not war[407] groß. Da kam mal St. Ulrich von Augsburg her, um zu firmen. Das Volk klagte ihm sein Elend. Da kniete der Heilige an den Altar nieder, betete inbrünstig zu Gott um Hülfe in der wasserarmen Gegend. Ging hinaus, steckte seinen Stab in die Erde mit einem Stoß, und augenblicklich sprudelte eine reiche, silberreine Quelle heraus. Der Platz kann weitum kein Wasser geben: die Quelle fließt noch jezt klar, Jahr aus, Jahr ein. St. Ulrich ist Kirchenpatron in Seibranz. Jährlich an St. Ulrichstag hielt man noch bis in unsere Zeit herein eine feierliche Prozession zum Brunnen331.

331

In Euren bei Trier blickte die hl. Helena gen Himmel und stieß einen Stab in den Boden; plötzlich rauschte eine Quelle hervor und heißt jezt noch »Helenabrunnen«. Wolfs Zeitschr. I. 194. Nr. 15. Zu St. Gingolph schlug der Heilige, dessen Namen der Ort führt, seinen Stab in den Boden, worauf eine Quelle hervorquoll. Vgl. Mehreres hieher passende bei H. Runge, Quellcult S. 7. Kuhn und Schwarz, nordd. Sagen S. 234 Anmerk. S. 165 Anmerk. Wolf, niederl. Sagen 355. Bair. Volksbüchlein I. S. 42 im Leben Ritter Georgs. Von St. Gundhilt heißt es auch bei Panzer II. 47: da erwarb St. Gundhilt von Gott daz ein brun entsprang aus einem felber. Staigers Reichenau S. 54. 5: Wo St. Pirmins Bischofsstab, als er von Sandeck herüberfuhr, die Erde berührte, entsprang wunderbarer Weise ein Brunnen, »Pirminsbrunnen«. Vgl. wie Bonifazius mit seinem Stabe eine Quelle, den sog. Bonifaziusbrunnen in Horas bei Fulda, öffnet. Lynker, hess. Sagen Nr. 267. Ferner die Leutkircher O.A. Beschr. S. 225. 1 (hinten).

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 407-408.
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