145. Der Latzmann in Sauggart.

[120] Früher machte man in Sauggart am Pfingstmontag den Latzmann. Jezt ist die Sitte seltener geworden. Ein Bursche, der »Latzmann«, wird dicht mit Stroh umbunden vom Kopf bis zu den Füßen. Schulbuben mit Strohseilen hüben und drüben führen ihn. Dem Zuge voraus geht der sog. Läufer. Dann kommen je zwei und zwei die sog. Sprecher. Diese laufen an den Häusern auf und ab und[120] sagen Sprüche her. Der Latzmann bleibt hunten stehen. Wenn die Schmalzträger vom Hause herabkommen, so geht der Zug weiter. Beim Zug ist auch ein Teufel mit rußigem Gesicht und einer Glocke in der Hand, kurzen Hosen bis an die Knie und rußigen Waden, mit einem Dreispitz auf dem Kopf. Meistens ist er abseits des Haufens und springt tobend und lärmend durch die Gassen. Eine andere abscheuliche Figur ist der sog. »Gwüzbuck.l« (Gewürzbuckel) mit ungeheurem Höcker. Der Gwüzbuck.l verlegt sich auf seinem Zuge hauptsächlich auf's Stehlen; hat eine Schürgabel und plagt, wer ihm nicht gibt oder ihn am Stehlen hindert. Eine weitere Gestalt ist auch eine herumziehende Hexe, ein Weibsbild mit Besen und rußigem Gesicht, lumpiger Kleidung und einer Schlafhaube. Sie spielt allerlei Schabernack, Possen und lächerliche Streiche. Was den Latzmann auszeichnete, war der Tannendolder auf seinem Kopf, an dem lauter Täfelchen hingen.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 120-121.
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